Dienstag, 30. Oktober 2007

Das Bundeswehr-Ehrenmal in der FAZ.

HEINRICH WEFING in der Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.10.2007, Nr. 252, S. 35

"Ach Brüder! Ihr geht ja an mir vorüber!
Am Totensonntag soll der Bau des Ehrenmals der Bundeswehr beginnen. Eine Debatte gibt es nicht. Was sagt die gespenstische Stille über das Verhältnis der Deutschen zu ihren Soldaten?

[...]
[Sie] irritiert umso mehr, als doch die Abneigung der Bevölkerung gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr, die ja den aktuellen Hintergrund des Ehrenmalvorhabens bilden, nach allen Umfragen beharrlich wächst.
Gleichwohl wurde der Entwurf, den der Münchner Architekt Andreas Meck im Juni nach einem ziemlich verschwiegenen Wettbewerb vorlegte (F.A.Z. vom 14. Juni), allenfalls beiläufig zur Kenntnis genommen. Eine politische Debatte hat er nicht ausgelöst.

[...]
Der Verteidigungsminister will das Ehrenmal am Grundstücksrand seines Berliner Dienstsitzes errichten, allgemein zugänglich zwar, aber doch gewissermaßen auf geschütztem Boden, jedenfalls nicht im öffentlichen Raum. [...] Räumlich exakt wird damit sichtbar, wo auch die Debatte über das Ehrenmal lokalisiert ist: haargenau auf der Grenze zwischen innerer Angelegenheit der Bundeswehr und nationalem Politikum.
Natürlich liegt es nahe, darin einen Ausdruck des wechselseitigen Misstrauens zwischen Armee und Gesellschaft zu sehen. Die Streitkräfte, so ließe sich argumentieren, meiden lieber den offenen Diskurs mit einem Publikum, das sich das Recht erstritten hat, Soldaten ziemlich unspezifisch als "Mörder" zu verunglimpfen - und die Allgemeinheit scheut die Konfrontation mit so hässlichen Themen wie Tod und Trauer, Schmerz und Verlust. Das wäre menschlich verständlich, entlarvte aber den Slogan vom "Bürger in Uniform" ausgerechnet im Moment seiner ultimativen, tragischen Zuspitzung endgültig als bloße Phrase: Gerade vom toten Soldaten wollen die Bürger ohne Uniform nichts wissen.
[...]
Solcher Unwille zu trauern ist fraglos das Charakteristikum einer Gesellschaft, die Herfried Münkler gelegentlich als "postheroisch" bezeichnet hat. Sie scheut das Opfer, delegiert es, gegen entsprechende Bezahlung, vorzugsweise an Profis, an Berufssoldaten oder an private Sicherheitsdienste. Sie klammert sich auch bald zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer noch immer an den instinktiven Pazifismus der Bonner Republik, sträubt sich beharrlich, die Veränderungen der Welt ringsum wahrzunehmen. Und verweigert daher auch eine Antwort auf die existentiellen Fragen, die längst nicht nur für das Bundeswehr-Ehrenmal entscheidend sind, sondern auch für das Selbstbild der Nation: Wofür töten Bundeswehr-Soldaten, wenn es darauf ankommt? Wofür sterben sie?
Und wann will die Republik endlich zur Kenntnis nehmen, dass beides längst geschieht? Und weiter geschehen wird?
Solange diese Debatte nicht geführt wird, wird es auch keine couragierte Diskussion über das Ehrenmal geben. Das mag die amtlichen Bauherren freuen, die auf eine reibungslose Durchführung der ministeriellen Gedenkanordnung hoffen. Ihren Soldaten aber tut die Bundeswehr mit einer derart defensiven Abwicklung des Vorhabens keinen Gefallen."


Dazu bleibt nichts zu sagen.
Voller Artikel zur Zeit nicht online. Hervorhebung von mir.

Zwei weitere aktuelle Pressereaktionen:
- Hans-Ernst Mittig: Blech und Stein (FR 26.10.2007):
"Fast 200 Historiker und Kunsthistoriker haben in einem offenen Brief gegen das undemokratische Verfahren zur Errichtung eines Bundeswehr-Ehrenmals in Berlin protestiert und den zur Ausführung vorgesehenen Entwurf abgelehnt." URL:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/dokumentation/?em_cnt=1232877
- Ronald Düker: Aus der Mitte der Kommission (taz 29.10.2007):
"Der Ulmer Verein, ein Berufsverband von Kunst- und Kulturwissenschaftlern, formulierte dies am 11. Oktober in einem von über 170 renommierten Kunsthistorikern und Historikern unterzeichneten offenen Brief an die Bundeskanzlerin und den Verteidigungsminister. Eine Reaktion gibt es darauf bislang nicht."
URL:
http://www.taz.de/nc/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ku&dig=2007/10/29/a0130&src=GI&cHash=342a135896
Alle Links finden Sie zusammengestellt unter:
http://www.gjanzing.de/bundeswehr_ehrenmal.htm

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wissenschaft wohl doch überflüssig. Neues vom Bundeswehrehrenmal.

Bin betrübt.

Nie wieder "Is gut Muddi!" Nie wieder "Frau Möbius, ich warne Sie!" Ein großer Verlust.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Schon wieder fort.


Holland ruft. Die letzte Konferenz des Jahres. Bloggen diesmal eher unwahrscheinlich. Hoffentlich bestreikt mich die Bahn nicht allzusehr...

Andrej Holm - und was ist eigentlich Terrorismus?

Der Bundesgerichtshof gibt bekannt:
"Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschuldigten - einen promovierten Soziologen, der u. a. an der Berliner Humboldt-Universität beschäftigt ist - ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Auf seinen Antrag hatte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 1. August 2007 Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen. Dieser ist auf den Vorwurf gestützt, der Beschuldigte habe sich mitgliedschaftlich an der linksextremistischen gewaltbereiten Organisation "militante gruppe (mg)" beteiligt, der die Strafverfolgungsbehörden, insbesondere aufgrund entsprechender Selbstbezichtigungsschreiben, eine Serie von Brandanschlägen zurechnen, die seit mehreren Jahren überwiegend in dem Gebiet Berlin/Brandenburg begangen worden sind. Mit Beschluss vom 22. August 2007 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, worauf der Beschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist. Gegen diesen Beschluss hat der Generalbundesanwalt Beschwerde eingelegt. Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird voraussichtlich am Mittwoch, den 24. Oktober 2007, gegen 12.00 Uhr eine Entscheidung über dieses Rechtsmittel bekannt geben.
Karlsruhe, den 22. Oktober 2007


Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2007&Sort=3&nr=41445&pos=0&anz=151."


Na, schaumama, dann sehen wir ja.

Ausserdem gibt es eine Solidaritätskundgebung für die zur Anhörung herbeigerufenen Zeugen, da diese
"bei einer Aussageverweigerung die Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 €" bedroht würden. "Bei weiterer Verweigerung der Aussage kann Beugehaft (juristisch korrekt "Erzwingungshaft") durch den Ermittlungsrichter von bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Mit dem Druckmittel von Ordnungsgeld und Beugehaft sollen die ZeugInnen gezwungen werden gegen ihre Freunde und Bekannte auszusagen."

Ich glaube noch genug an diesen Rechtsstaat um zu sagen: ihnen wird die Möglichkeit gegeben, zugunsten ihrer Freunde und Bekannten auszusagen. Sollten sie nämlich wahrheitsgemäß zu deren Ungunsten aussagen müssen (zum Beispiel weil diese tatsächlich Terroristen sind) - tja tut mir leid. Das Terroristendasein ist nun einmal illegal. Auch wenn es ein Freund von dir ist, der da ein Auto angesteckt hat. Trotzdem:
Mittwoch, 24.10.2007
ab 15:30 Uhr
am BKA Treptow
(Berlin), Elsenstr./Ecke Am Treptower Park


Und ausserdem sucht man nach einer neuen Definition für Terrorismus:
"Mit dem Paragraph 129a des Strafgesetzbuches sollen die Betätigung und die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung juristisch verfolgt werden, doch selbst die höchsten Richter der Republik sind sich nicht ganz sicher, was darunter verstanden werden soll. Die Bundesjustizministerin denkt, dass nicht mal der 11. September terroristisch war, aber alle haben davor Angst. Das Strafgesetzbuch, die UNO und auch die EU haben gar keinen festgelegten Terrorismusbegriff und auch wir fragen uns aktuell: Was ist eigentlich Terrorismus? Wer ist ein Terrorist? Und was eine terroristische Handlung?"
Das Bündnis für die Einstellung des § 129a-Verfahrens sucht Definitionen für 'Terrorismus': juristisch, humoristisch, politisch. Eingereicht werden können Texte, Fotos, Videos, Podcasts, Postkarten, Plakate, künstlerische, wissenschaftliche oder journalistische Beiträge.
Vorschläge von Einzelpersonen, Kollektiven, mit oder ohne Künstlernamen können bis zum 30. November 2007 eingesandt werden. Eine international besetzte Jury wird die Beiträge begutachten und die besten zur Prämierung vorschlagen. Ende des Jahres 2007 werden die
besten Vorschläge öffentlich präsentiert und die Preise feierlich überreicht."

Weitere Infos gibt es unter: http://einstellung.so36.net/de/was-ist-terror


Man darf gespannt sein.

Freitag, 19. Oktober 2007

HKW: New York - Berlin

Wenn es in diesem Blog schon immer mehr um das akademische Leben geht, dann rechtfertigt sich auch ein kurzer Beitrag in eigener Sache - bzw. der der KollegInnen:
Im Berliner Haus der Kulturen der Welt läuft seit gestern abend eine hochkarätig besetzte, aber auch an nicht-akademisches Publikum gerichtete Konferenz zum Thema Berlin-New York. Die Vergleiche versprechen spannend zu werden. Doch während Ähnlichkeiten zwischen Mythos Harlem-Mythos Kreuzbergauch Uneingeweihten einleuchtend erscheinen, ist der Vergleich zwischen dem Potsdamer Platz und dem Times Square möglicherweise etwas vermessen - oder?

Alle Beiträge zum Nachhören und Mitdiskutieren hier.
Programm als pdf hier.

Donnerstag, 18. Oktober 2007

FU-Studenten fragten: Wo bleibt die Juniorprofessur?

Die Fachschaft der Amerikanisten wollte aus erster Hand - statt aus der Presse, der Gerüchteküche oder der Teeküche - hören, was denn nun der Grund war, warum der seit langer Zeit am John-F.-Kennedy-Institut lehrende Dozent Scharenberg nicht Juniorprofessor werden soll.
Herr Lenzen ließ sich vertreten, und schickt seine Vertreterin vor. Die muss jetzt die offzielle Linie der Universität verteidigen, ihre eigene Meinung erfährt man nicht. Ein undankbarer Job.
Die Veranstaltung endete mit einer Art Waffenstillstand: "Jetzt haben die Anwesenden vereinbart, sich in vier Wochen wieder zu treffen. Das Präsidium möchte nachdenken, auch darüber, was eigentlich nun die wahren Gründe für die Ablehnung Scharenbergs sind - sagt Lehmkuhl. Und verspricht, sich um einen Termin zu kümmern."
Es ist zu befürchten, dass der Skandal und die Medienaufmerksamkeit - vor allem dank Spiegel online - die Front seitens der Universitätsleitung so stark verhärtet haben, dass ein Einlenken ohne Gesichtsverlust unmöglich geworden ist. Politische Motive kann sie ja kaum zugeben. Alter und Qualifikation des Bewerbers sei einem "Exzellenzcluster" angemessen, bescheinigen die Experten von der Berufungskommission. Die Befangenheit der Kommission bzw. einzelner Mitglieder wird abgestritten, ein Beharren auf diesem Grund könnte hochangesehene Wissenschaftler in Bedrängnis bringen. Bleibt zu hoffen, dass sich die Lage beruhigt, und man unter der Hand etwas ausmauscheln kann. Auf eine Entschuldigung des Präsidiums jedenfalls kann wohl keiner hoffen.
Ein ausführlicher Bericht hier: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,512092,00.html

Dieser Eintrag ist ein Update zu: FU Berlin. Veritas, Iustitia, Libertas.

Freiheit der Forschung. Neue Infos zum "Fall Andrej Holm" am 30. Oktober.


Während die Freie Universität unter dem Verdacht steht, Dozenten mit politisch linker Einstellung keine Stelle geben zu wollen, kämpft die Humboldt Universität weiter für die Rehabilitation ihrer - politisch links orientierten - Forscher: (marxistische) Wissenschaft dürfe schließlich nicht automatisch unter Terrorverdacht geraten!

Neues vom Fall Andrej Holm gibt es eigentlich nicht. Seit er am 22. August auf Kaution entlassen wurde, scheint sich verfahrenstechnisch nicht viel getan zu haben. Die Mühlen der deutschen Justiz mahlen langsam. Immerhin hat sein Heimatinstitut -wahrscheinlich aufgrund zahlreicher Anfragen - eine Website eingerichtet, auf dem die "neuesten" Nachrichten stehen. Diese Seite wurde aber auch seit dem 19. September nicht mehr aktualisiert.

Jetzt organisiert sein Chef, Prof. Häussermann, eine "Veranstaltung zum "Fall Andrej H.", in der wir die (nicht nur) universitäre Öffentlichkeit über die Vorgänge informieren und sie in den weiteren gesellschaftlichen und rechtspolitischen Kontext einordnen wollen."
Hier die Informationen:


Wissenschaftliche Arbeit unter Terrorverdacht – Zur Entgrenzung des Rechtsstaates – Informations- und Diskussionsveranstaltung zum „Fall Andrej H.“
mit Prof. Dr. Ulrich K. Preuß
Prof. Dr. Norbert Pütter
Christina Clemm, Rechtsanwältin von Andrej H.
Prof. Dr. Hartmut Häußermann


Dienstag, 30. Oktober 2007, 19 h
im Senatssaal der Humboldt-Universität
Veranstalter: Lehrbereich Stadt- und Regionalsoziologie
Institut für Sozialwissenschaften der HU Berlin





Mittwoch, 17. Oktober 2007

FU Berlin. Veritas, Iustitia, Libertas.


Inwiefern das Motto der FU von ihrer Leitung gerade umgesetzt wird, scheint zur Zeit zunehmend umstritten zu sein.
Der Spiegel, der ja schon am 10. September über die "Affäre Scharenberg" berichtet hatte, bleibt dran. So gibt es also schon eine Reaktion der FU auf den Offenen Brief von Montag, mit dem über 100 Wissenschaftler dagegen protestierten, dass ein Bewerber für eine Juniorprofessur aus politischen Gründen die Stelle nicht bekommt - obwohl er einstimmig als der geeigneteste Bewerber vorgeschlagen wurde.
"Gegenüber SPIEGEL ONLINE äußerte sich das Präsidialamt. "Die FU Berlin weist den Vorwurf, an der Freien Universität würden Professuren nach politischer Opportunität besetzt, aufs Schärfste zurück", heißt es in einer Stellungnahme. Der offene Brief entbehre jeder Grundlage.
Die Berufungsliste sei aus anderen Gründen nicht weitergegeben worden: Bei einem Mitglied der Berufungskommission und bei einem Gutachter liege der Tatbestand der Befangenheit vor.[...] Welches Mitglied der Berufungskommission das Präsidium nun als befangen erachtet, ist unklar
."
Diese Begründung ist allerdings neu. Dass die FU nun "dienstrechtliche Konsequenzen prüfen" möchte, stimmt mich ausserdem besorgt - wegen der hohen Spezialisierung ist es fast unvermeidlich, dass etablierte Professoren den Nachwuchswissenschaftlern in ihrem Fachgebiet schon mal begegnet sind. Hierarchien führen fast immer zu Abhängigkeitsverhältnissen - einen ehemaligen Studenten/Doktoranden/Habilitanden zu empfehlen riecht zwar nach Seilschaft und Nepotismus, andererseits kann man seinen guten Nachwuchs ja auch nicht von Stellen ausschließen, nur weil man ihn kennt. In diesem Fall also darf doch die auswählende Kommission nicht "blind" sein. -Oder was sonst könnte mit Befangenheit gemeint sein?
Mir schmeckt das ganze zu sehr nach der Rache einer Institution, die sich mit einer ungewohnten Öffentlichkeit konfrontiert sieht. Hoffentlich geht die ganze Affäre nicht nach hinten los.
Der ganze Artikel hier: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,511513,00.html

Dieser Eintrag ist ein Update zu: Freie Lehre für Freie Universitäten.



Dienstag, 16. Oktober 2007

So ist Berlin. Arm aber sexy.

So ist Berlin, so bin auch ich.
Ein anderthalbstündiges Vorstellungsgespräch heute nachmittag ergab folgendes:
In einem sehr netten Institut könnte ich theoretisch Deutsch als Fremdsprache unterrichten. Alle Niveaustufen, 6 Unterrichtsstunden am Tag, plus - natürlich - Vor- und Nachbereitung, jeweils sechs Wochen intensiv. Sieht alles sehr nett aus. Natürlich soll man hochqualifiziert sein, Uni-Abschluss, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse pipapo. Habe ich ja auch. Und jetzt kommt's:
12,50 Euro. Zwölf fünfzig, minus ca 2-4 unbezahlte Stunden drumherum.
Nach 200 Stunden gibt's vielleicht Gehaltserhöhung: 13 Euro.
Tja, das ist Berlin.
Braucht jemand eine Putzfrau? Kann auch bügeln!

Dieser Artikel ist ein Update zu: Deutsch lernen - offline

Berlin University Press. Jetzt auch mit Homepage.

"Je mehr der Berg des Wissens wächst, je mehr sich unsere moderne Lebenswelt differenziert, je mehr der Markt von Büchern für spezielle Interessen wächst und zu einer entsprechenden Segmentierung im Buchhandel führt, umso intensiver wird das Bedürfnis, diese unübersehbare Vielfalt der Erkenntnisse und ihrer Anwendung in ein Bild zu integrieren. Wir brauchen Bücher, die wie Schneisen durch die Wälder führen, die Orientierung für unser Handeln bieten – dabei leicht sind, lesbar und sprachlich »erträglich«.Diese Bücher macht die Berlin University Press. "

Falls ich mich gewundert haben sollte, woher der sprunghafte Anstieg von Hits und Besuchern meines kleinen Blogs stammen könnte, so war die Antwort dank statcounter leicht zu finden: Google-Suche nach "bup" oder "berlin university press".
Jetzt haben sie auch eine Homepage - http://berlinuniversitypress.de/
Viel Spaß damit.


Dieser Artikel ist ein Update zu: Wird auch Zeit? Berlin University Press.



Montag, 15. Oktober 2007

Freie Lehre für Freie Universitäten.



Die Wissenschaftler wollen offenbar raus aus dem Elfenbeinturm. Zumindest veröffentlichen sie gerade fleissig allerlei Offene Briefe, die Aufschlussreiches aus dem Hochschul-Verwaltungs-Alltag berichten.
Vor einigen Wochen schon ging durch die Presse, dass ein Berufungsverfahren an der Freien Universität Berlin abgeblockt wurde, weil - so das Gerücht - der bestgeeignete Mann, Dr. Albert Scharenberg, für die Sache angeblich die falschen politischen Präferenzen habe. Er ist nämlich auch als Gutachter bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung tätig.
Damit verstärkt sich der Trend, an bundesdeutschen Hochschulen unliebsame kritische (=politisch links orientierte) Wissenschaftler zunehmend kaltzustellen. Die "Blätter für deutsche und nationale Politik" schreiben:
"Die bundesdeutschen Hochschulen befinden sich seit Jahren in einem neoliberalen Umbau (vgl. ausführlich den aktuellen Beitrag von Heiner Keupp auf dieser Website). Akteure in diesem Prozess sind nicht zuletzt die Präsidialämter der Universitäten, die immer öfter eigenmächtig in die Entscheidungen wissenschaftlicher Fachgremien eingreifen bzw. sich über diese hinwegsetzen.
Dabei scheint zuletzt auch die politische Einflussnahme zunehmend offener zu werden. So hat beispielsweise der Präsident der Universität Marburg die Nachfolge des Politikwissenschaftlers Frank Deppe gestrichen, obwohl dessen „Eck-Professur“ und „Forschungsgruppe Europäische Integration“ den Kriterien von „Exzellenz“ und Drittmittelforschung mühelos genügte – angeblich, weil ihm Deppes politische Ausrichtung nicht behagte.
"
Zurück zu Herrn Dr. Scharenberg: Es will schon einiges heissen, wenn ein Berufungsverfahren soweit eskaliert, dass es in dieser Form an die Presse gerät. Auch stellt sich die Frage, ob - bei allem Rückhalt der Kollegen und direkten Vorgesetzten - ein solcher öffentlicher Druck, dem zukünftigen Arbeitsklima wirklich nützlich ist - zumal wenn man ihn, wie Dr. Scharenberg, selbst betreibt. Aber stellen sind rar gesät, und eigentlich hat der Mann ja keine Wahl, wenn er wissenschaftlich und wirtschaftlich überleben will. Daher geht die Aktion jetzt in die nächste Runde: heute erschien ein offener Brief an FU-Präsident Prof. Dr. Dieter Lenzen als 1/3 seitige Anzeige im Berliner "Tagesspiegel" (S. 4).

Und das steht drin:
"Dass wir uns in dieser Personalangelegenheit, die normalerweise aus gutem Grund nicht öffentlich behandelt wird, an Sie wenden, liegt an den Gerüchten, die uns – wie auch sicherlich Ihnen – seither zu Ohren gekommen sind und die Ihren angeblich wahren Motiven gelten, die Berufungsliste Scharenberg nicht weiterzureichen (vgl. die Berichterstattung bei „Spiegel Online“ sowie in „Berliner Zeitung“, „Berliner Morgenpost“ u.a.). Wir wenden uns an Sie in der tiefen Sorge um die wissenschaftliche Freiheit, auf die sich die Forschung und Lehre an der FU, schon in ihrem Namen und Logo, stolz beruft. Uns scheint der Gedanke, politische Antipathien – und zwar der Umstand, dass Dr. Albert Scharenberg auch dem Kuratorium der Rosa-Luxemburg-Stiftung angehört – könnten bei diesem Berufungsverfahren eine entscheidende Rolle gespielt haben, gänzlich mit dem an Exzellenz orientierten Anspruch und dem freiheitlichen Geist der FU unvereinbar zu sein. Und es wäre zweifellos verheerend für die Freie Universität, wenn sich der Eindruck verfestigte, hier würden Professuren nach politischer Opportunität besetzt. [...]"

Vollständiger Brief hier. Hervorhebungen von mir.
Ich möchte die Berufungspolitik der FU nicht mit dem Stalin-Regime vergleichen. Aber offenbar ist es für den FU-Präsidenten leichter, ein Denkmal für die "für die Freiheit des Denkens und für die freie Entfaltung des Individuums" (Momper) aufzustellen (Tagesspiegel vom 6.9.2007), als diese selbst zu unterstützen und zu fördern.

Presseberichte
Spiegel Online:
http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,503501,00.html
Berliner Zeitung:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/0914/feuilleton/0024/index.html?keywords=links+kritisch+nordamerika
Berliner Morgenpost:
http://www.morgenpost.de/content/2007/09/11/berlin/920721.html
Neues Deutschland:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/116071.html
Junge Welt:
http://www.jungewelt.de/2007/09-22/023.php
Jetzt.de:
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/399441

FU-Studierende hier: http://www.jfki.fu-berlin.de/students/dates/info_jp.html

Wissenschaft wohl doch überflüssig. Neues vom Bundeswehrehrenmal.

Heute kam folgende Email rein:

"Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
bisher hat der Ulmer Verein noch keine Antwort auf den offenen Brief zum Bundeswehr-Ehrenmal erhalten. Auf Rückfrage des Tagesspiegels (13.10.2007, S. 4) hat das Verteidigungsministerium jedoch klargestellt, dass es keine Änderungen geben werde:
"Es gilt weiter die Planung des Ministeriums." Der Entwurf [...] habe inzwischen alle nötigen Prozesse durchlaufen. "Die Grundsteinlegung soll wie geplant noch in diesem Jahr erfolgen."
Inzwischen haben weit über 150 Kolleginnen und Kollegen den offenen Brief unterzeichnet:
http://www.gjanzing.de/offener_brief_zum_bundeswehr_ehrenmal.htm
Wir sammeln daher weiter und werden uns - vielleicht im Zusammenhang mit der Tagung des WZB in Berlin am 24. Oktober - erneut an die Presse wenden.
Mit freundlichen Grüßen,
Godehard Janzing"

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Presseecho:
Sven Lemkemeyer: Historiker: Bau des Ehrenmals stoppen "Sakrale Überhöhung des Soldatentods"
(Tagesspiegel vom 12.10.2007, S. 4, Innenpolitik)
http://www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,2397934
Altar des Vaterlandes. Historiker kritisieren Ehrenmal (Süddeutsche vom 12.10.2007, S. 15, Feuilleton, -zri)
dpa-Meldung (in zahlreichen online-Medien):
Westfälische Nachrichten: Kunsthistoriker: Baubeginn für Bundeswehr-Ehrenmal verschieben
http://www.westfaelische-nachrichten.de/wna/aktuelles/kultur/kultur/?em_cnt=127196&
Schwäbische Zeitung online: Kunsthistoriker: Baubeginn für Bundeswehr-Ehrenmal verschieben http://www.szon.de/news/kultur/aktuell/200710120878.html
Kölner Stadtanzeiger: Kunsthistoriker fordern Aufschub http://www.szon.de/news/kultur/aktuell/200710120878.html
Rundfunk:
Gabi Dolff-Bonekämper zum Protest gegen das Bundeswehr-Ehrenmal (Deutschlandfunk "Kultur heute" vom 12.10.2007, 17:40)
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2007/10/12/dlf_20071012_1740_6cc67d83.mp3
alle Links zusammengestellt unter:
http://www.gjanzing.de/bundeswehr_ehrenmal.htm


Nee, klar: Warum sollte die Politik auf einige Wissenschaftler hören, wenn man doch eine gut funktionierende Bürokratie hat? Alles in allem ist die Debatte um ein Bundeswehrehrenmal doch eine fantastische Gelegenheit im Jahre der Geisteswissenschaften zwei Dinge klar zu stellen:
Erstens, in welcher Form die Wissenschaften- hier Geschichte und Kunstgeschichte - für unseren Alltag Relevanz haben könnten.
Zweitens, dass man daran überhaupt nicht interessiert ist.

Dieser Artikel ist ein Update zu: Viel Feind viel Ehr. Erneute Debatte um Bundeswehrehrenmal.
und Geisteswissenschaften? Schaffen wir sie doch einfach ab!
Fotoquelle: http://www.taz.de/index.php?id=start&art=678&id=442&cHash=ec57c608a3

Freitag, 12. Oktober 2007

Viel Feind viel Ehr. Erneute Debatte um Bundeswehrehrenmal.

Die Debatte um ein zentrales Bundeswehrehrenmal für die gefallenen SoldatInnen der Deutschen Bundeswehr ist in ein neues Stadium getreten. Anfangs ging es ja noch vor allem darum, ob es überhaupt gebaut werden soll, doch seit Verteidigungsminister Jung dafür gewonnen werden konnte (17.Februar 2006), schreitet die Sache voran.
Wie üblich gab es einen Wettbewerb, und einen Preis, und nun geht man davon aus, dass Berlin bald ein nationales Denkmal für alle Angehörigen der Bundeswehr errichten kann und wird.
Eine öffentliche Debatte gab es nicht.
Dagegen formiert sich jetzt Widerstand. Nicht gegen das Projekt an sich, wohl aber gegen die Art der Ausführung. Der Ulmer Verein (Verband für Kunst und Kulturwissenschaften e. V.) hielt am 22. September eine Tagung ab, bei dem die Entwürfe diskutiert wurden und in einen historischen Kontext nationaler Gedenkkultur eingeordnet wurden. Das Ergebnis veröffentlichten sie gestern in einem offenen Brief an Frau Merkel und Herrn Jung - sie fordern den sofortigen Baustopp (Baubeginn geplant für den 18. November, Volkstrauertag) und ein Debatte über Form und inhaltliche Aussage des Monuments. Und zwar unter Beteiligung von Experten, Historikern und Kunsthistorikern, denn:
"Eine Übernahme der Bildformeln des nationalen Totenkults, der Kriegerdenkmäler aus dem 19. und 20. Jahrhundert, halten wir für nicht akzeptabel. Wir lehnen jede sakrale Überhöhung des Soldatentods ab –besonders dann, wenn sie im Namen demokratischer Werte erfolgt. Und genau dies tut der zur Verwirklichung ausgewählte Entwurf von Prof. Andreas Meck, der mit Raumschale, Cella und Steinaltar unverkennbar die Formen der "Neuen Wache" übernimmt und damit die Heiligung und Belohnung des Soldatentods durch den Aufstieg zum Licht über dem Altar des Vaterlandes impliziert."
Unterschrieben bisher von über 120 KunsthistorikerInnen und HistorikerInnen.

Auch von mir. Die Angehörigen der Bundeswehr wählen ihren Beruf nicht aus preußisch-militärischem Ehrgefühl oder gar in dem diffusen Wunsch, den Heldentod fürs Vaterland zu sterben - warum also sollten wir sie mit einem Denkmal ehren, das genau dies vorspiegelt? Sie riskieren ihr Leben, weil sie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung verteidigen wollen. In der bittersten Konsequenz verlieren sie es dabei. Dadurch dass wir ihnen (und den Hinterbliebenen) eine Märtyrerpalme überreichen, wird kein einziger der Gefallenen wieder lebendig. Wenn wir den Toten Bundeswehrangehörigen wirklich Respekt zollen wollen, dann sollten wir dies zumindest in einem Rahmen tun, der ihrem Auftrag und Anliegen gerecht wird. Die Grundwerte, für die sie kämpften, unterscheidet sie von den Angehörigen früherer deutscher Armeen. Das Mahnmal zu ihren Ehren sollte das auch tun.

Der komplette Brief: http://www.ulmer-verein.de/
Der Entwurf des Siegerdenkmals: http://www.meck-architekten.de/p-ber-b1.htm
Eine ausführliche Dokumentation der Debatte und der Pressereaktionen: http://www.gjanzing.de/bundeswehr_ehrenmal.htm

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Nobel, nobel. Deutschland doch Elite?



So schlecht sind wir doch gar nicht. Nicht nur Spiegel online berichtet heute über die Nobelpreise, die deutsche Wissenschaftler erhalten haben. Alles gar nicht so schlimm mit dem Forschungsstandort Deutschland?
"Tatsächlich genießt die deutsche Spitzenforschung international ein hohes Ansehen. Nur Wissenschaftler aus den USA und Großbritannien veröffentlichen deutlich mehr Artikel in renommierten Fachblättern und werden dort öfter zitiert als ihre deutschen Kollegen. Allerdings ist es bezeichnend für die Verhältnisse in der deutschen Wissenschaft, dass sowohl Ertl als auch Grünberger nicht an Universitäten arbeiten: Ertl forscht für die Max-Planck-Gesellschaft, Grünberg für die Helmholtz-Gemeinschaft."

Wenn man denn meint, Quantität sei auch ein Qualitätsmerkmal, ist das doch schon mal ein gutes Zeichen, denn offenbar wird doch viel publiziert. Großbritannien scheint mir dabei die wahre Konkurrenz zu sein, denn immerhin sprechen wir bei den USA von einem Kontinent von einiger Größe, mit einer deutlich höheren Anzahl von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen.

Und nur weil von den Uni-Forschern niemand ausgezeichnet wurde (diesmal, sollte ich hinzufügen, denn es gibt durchaus auch Gegenbeispiele aus der Vergangenheit), heißt das nicht, dass dort nicht Spitzenforschung betrieben würde.
Übrigens auch außerhalb der Naturwissenschaften.

American Art Historians in Munich

Kurzer Konferenzbericht.
Organisation: super.
Teilnehmer: nett.
Vorträge: durchwachsen.

Offenbar sind die Amerikanisten doch um einiges konservativer als ich das gedacht hätte. Immerhin drehte sich - in meinen Augen - die ganze Veranstaltung darum aufzuzeigen, welche Einflüsse amerikanische Künstler aus Berlin/Europa mitbrachten, welche sie aus der Heimat nach Europa importierten, und welche Einflüsse die deutschen/europäischen Einwanderer in die USA brachten -- künstlerische-kulturelle Wechselwirkungen halt.
Dazu muss man aber deutlich darüber sprechen, an welchen Punkten der Künstlerbiographie solch ein Austausch möglich war. Und dazu wiederrum kann man eben nicht darauf beharren, dass ein Architekt oder Künstler "Amerikaner" ist, nur weil er eingebürgert wurde. "Marcel Duchamp, American Artist, born in France"? Das verschleiert seine gesamte kulturelle Prägung. Amerika ist ein Einwandererland, und diese Einwanderer können Amerikaner werden und trotzdem ihre Wurzeln behalten. (Dies gilt natürlich auch für andere Nationen...)
Angesichts der Tatsache, dass fast die Hälfte der Vorträge zwar informativ (weil für mich neu) waren, aber einen nicht besonders aufregenden biographischen Ansatz pflegten, fragt man sich, was denn aus diesen Biographien gelernt werden soll?
Naja. Es gab ja auch die anderen. Nützlich war's allemal.
Dieser Eintrag ist ein Update zu: American Artists in Munich...

Montag, 8. Oktober 2007

American Artists in Munich...

...heisst die Konferenz, zu der ich als nächstes fahre. Morgen nämlich. Bin gespannt. Muss aber vorher noch gefühlte 7 Minuten aus meiner Präsentation herauskürzen - Gemein! Schließlich ist ALLES wichtig, nicht wahr?

Nicht wahr. Muss mich immer daran erinnern, was eine Freundin, die beim Fernsehen arbeitet, mir einmal gesagt hat: man kann verdammt viel Information in 90 Sekunden packen... Und ich habe sogar 30 Minuten. Also ran an die Schere. In der Kürze liegt die Würze...

Komme Sonntag erst wieder. Ob ich zwischendurch bloggen kann, ist ungewiss.

Freitag, 5. Oktober 2007

University of Berkeley by Youtube.

Spiegel online berichtet heute, die University of Berkeley habe seit letzten Mittwoch fast 300 mitgefilmte Stunden Vorlesung by youtube ins Netz gestellt, und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die meisten davon scheinen aus dem Bereich Naturwissenschaften zu sein, wobei mir besonders die Kursnamen gefallen. "Physics for Future Presidents" von Professor Richard A. Muller beispielsweise konzentriert sich auf

"most interesting and important topics in physics, stressing conceptual understanding rather than math, with applications to current events. Topics covered may vary and may include energy and conservation, radioactivity, nuclear physics, the Theory of Relativity, lasers, explosions, earthquakes, superconductors, and quantum physics." Cool. Und so anwendungsorientiert. Offenbar wird hier nicht erwartet, dass man nachher selber eine Atombombe bauen kann, sondern nur, dass man versteht, was passiert, wenn man den roten Knopf drückt...

Das ganze geht natürlich nur, weil Berkeley auf youtube ein eigenes Portal hat, auf dem sie die sonst übliche Sperre von 100 MB oder 10 Minuten umgehen können, um 40-50 minütige Vorlesungen hochzuladen.

Fragt sich nur, wie sich das mit den hohen Studiengebühren in Einklang bringen lässt - die liegen im Moment für Undergrads bei $19,620 (ohne Lebenshaltungskosten wohlgemerkt), in der Grad-school zwischen $ 30.000 (für Einwohner Kaliforniens) bis $ 45.000 (für internationale Doktoranden) pro akademisches Jahr. Kostenloses Gasthören, wie in Deutschland (wo das zwar auch ein paar Euro kostet, aber nie kontrolliert wird) ist ja eigentlich weder üblich noch möglich. Naja, ich nehme an, wenn ich einen offiziellen Degree will, und/oder Zugang zu den Büchern der Bibliotheken, dann muss ich mich wohl immer noch für teures Geld registrieren. Ansonsten aber ist das doch ein großer Schritt Richtung International Scientific Community! Schade nur, dass Kommentare (vor allem auf den wissenschaftlichen Inhalt bezogen) offenbar noch nicht an der Tagesordnung sind...

Aber natürlich ist es vor allem ein famoser Marketing-Trick. In ihrer eigenen Presse-Mitteilung schreibt UC Berkeley: "UC Berkeley on YouTube will provide a public window into university life - academics, events and athletics - which will build on our rich tradition of open educational content for the larger community," said Christina Maslach, UC Berkeley's vice provost for undergraduate education. Mit dem Ergebnis, dass die Uni möglicherweise noch berühmter wird als sie schon ist, und ihre Professoren noch mehr als Autorität gelten. In diesem Sinne: Let there be light!

(Videostreaming, podcasts und ähnliches gibt es natürlich schon seit einigen Jahren auch an anderen (amerikanischen) Universitäten... am MIT zum Beispiel...)

http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,509453,00.html
http://www.berkeley.edu/news/media/releases/2007/10/03_YouTube.shtml
http://www.youtube.com/ucberkeley
http://www.youtube.com/view_play_list?p=095393D5B42B2266

Dieser Artikel ist ein Update zu Globale Wissenschaft. Englisch ist das Neue Latein.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Globale Wissenschaft. Englisch ist das Neue Latein.



Arth-hist.net hat diesen netten Newsletter, in dem sie über "Geisteswissenschaften in den Feuilletons" berichten. Heute gab es unter anderem eine Zusammenfassung eines Vortrags von Jürgen Trabant, abgedruckt am 28. 9. in der FAZ. Leider sind in Deutschland alte Zeitungen noch nicht kostenlos, sodass ich auf die veröffentlichte Zusammenfassung angewiesen bin. Diese erzählt uns folgendes:

"Der Romanist Jürgen Trabant hält es in einem von der FAZ abgedruckten Vortrag für so begreiflich wie bedauerlich, dass die Deutschen sich in der globalisierten Wissenschaft so wenig für ihre eigene Sprache einsetzen. Schließlich habe man das deutsche "Bellen" der Nationalsozialisten aus gutem Grund noch im Ohr. Die Folgen dieser "Sprachscham" seien, so Trabant, dennoch fatal: "Die deutschen Eliten haben also in den internationalen Prestige-Diskursen das Deutsche aufgegeben. Sie sprechen globalesisch mit der Welt und untereinander. Dass dies so ist, ist nicht nur der Effekt der anglo-amerikanischen Weltdominanz, sondern, in seiner besonderen Willfährigkeit, Geschwindigkeit und Gründlichkeit, auch eine Folge der durch das Sprachgebell erzeugten Sprachscham. Englisch sprechend distanziere ich mich von der Bellgemeinschaft. Englisch sprechend bin ich nicht nur international, sondern vor allem auch nicht deutsch, nicht schuldig."

Well... Englisch sprechend werde ich vor allen Dingen überall verstanden, und darauf kommt es mir und meiner Generation doch immer noch am meisten an. Nazi-infiltriertes Sprachgebell klingt in meinen Ohren, vier Jahrzehnte nach der Machtergreifung geboren, nämlich nicht mehr nach.

Und doch, gerade im Fach Kunstgeschichte war Deutsch lange Zeit die wichtigste Publikationssprache - Namen wie Wölfflin, Riegl, Sedlmayr, Warburg, Gombrich oder Panofsky kommen einem in den Sinn. Allerdings war ich Anfang des Jahres auf einer Konferenz, wo man - vielleicht etwas zu optimistisch - davon ausging, dass alle Kunsthistoriker natürlich Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch nicht nur verstehen, sondern auch fließend in all diesen Sprachen in die Diskussionen eingreifen können.
Dem ist nicht so.
Das kann man bedauern, und mit Recht. Oder man kann sich der Realität anpassen. Tatsache war, dass Vorträge die angekündigt waren als italienisch oder deutschsprachig möglicherweise weniger besucht, garantiert aber weniger diskutiert wurden. Englische, und wegen der großen Anzahl anwesender Franzosen auch französische Vorträge hingegen wurden viel besser beachtet. Und das ist schließlich der eigentliche Sinn einer (internationalen) Konferenz.

Natürlich finde ich auch, dass Kenntnisse der oben genannten Sprachen wichtig sind für Kunsthistoriker. Niederländisch sollte natürlich auch nicht vergessen werden, vom Latinum ganz zu schweigen. Und je nach geographischem Schwerpunkt auch jede andere Sprache, in der Künstler, Akademiker oder Händler sich austauschen oder ausgetauscht haben. Aber die Zeiten, in denen Deutsch als allgemeine Wissenschaftssprache galt, sind doch schon lange vorbei - wenn sie denn je lange da waren. Die längste Zeit war es Latein, die tote und doch nicht totzukriegende Sprache, die den wissenschaftlichen Austausch unter den europäischen Universitäten ermöglichte. Das musste Herr Melanchthon genauso lernen wie Herr Descartes, oder Herr Newton, oder Herr Marx, oder - ja nun, Herr Ratzinger. (Und seien wir ehrlich, wenn man die Sprache mal so behandelt, als könne man sie sprechen, dann ist sie auch nicht schwieriger zu lernen als Französisch...) Der Vorteil war natürlich, dass Latein niemandes Muttersprache war, alle den gleichen Bedingungen ausgesetzt waren. Aber es hieß eben auch, dass es eine elitäre Wissenschaftssprache gab, unverständlich (ok. noch unverständlicher) für eine interessierte, nicht-akademische Öffentlichkeit.
Und wollen wir das wirklich?


Bildquellen:

http://www.ev-akademie-tutzing.de/doku/aktuell/blatter_dyn.php3?ausgabe=2007/01
http://www.welt.de/politik/article757906/SPD_will_Adolf_Hitler_ausbuergern.html
Dieser Artikel bezieht sich teilweise auf: Die Toten tanzen. Rückmeldung.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Bücher sind Lebensmittel. September.

Der September war ein lesefauler Monat. Zum Teil lag das natürlich daran, dass ich übers regelmäßige Arbeiten etwas weniger Freizeit hatte als sonst vielleicht. Aber in Wirklichkeit lag es schlichtweg daran, dass ich mich vier Wochen fernab von meinen Bücherregalen aufgehalten habe. Noch dazu unter Sparzwang, sodass ich um die Tübinger Buchhandlungen vorsichtshalber große Bogen geschlagen habe. Ein Sachbuch hatte ich dabei, habs aber nicht gelesen. Und auf der Reise habe ich mich völlig untypisch mit Zeitschriften eingedeckt.


Ok, die Patrones habe ich schon öfter mal gekauft. Aber das ist ja kein Lesestoff in dem Sinne... wenn ich sie natürlich auch aufmerksam studiere. Angetan war ich von der brandEins, interessant und gut geschrieben. Kaufe ich sicher noch einmal.

Dann hat mich mein früherer Professor darauf aufmerksam gemacht, dass er eine neue Publikation zum Thema Bildrhetorik herausgegeben hat. Um mit ihm über seine Theorien in der Einleitung sprechen zu können, musste ich also ein Rezensionsexemplar auftreiben, denn der Kaufpreis war mir doch spontan einfach mal zu hoch. So ging's aber auch.

Prof. Knape hat in Tübingen einen Lehrstuhl für systematische Rhetorik, und forscht bereits seit mehreren Jahren zum Thema. Die Kernpunkte seiner Theorie legt er in der Einleitung dar. Mit Recht bemängelt er, dass über dem allgemeinen Trend zur "Bildwissenschaft" Grundlagenforschung vernachlässigt, und disziplinäre Kompetenzen verwässert werden. Bevor nun alle Kunsthistoriker oder Medienwissenschaftler oder Semiotiker oder Grafik-Designer für sich in Anspruch nehmen, Bildwissenschaftler zu sein, müsse erst einmal geklärt werden, was Bildwissenschaft überhaupt sei. Er schlägt vor, analog zur Sprachwissenschaft vorzugehen. Kunsthistoriker entsprächen demnach den Literaturwissenschaftlern, Sprachphilosophen den Ästhetik- und Kunstphilosophen. Grundlegend aber müsse sein, ein der Linguistik entsprechendes Instrumentarium von Begriffen zu schaffen, und vor allem erst einmal zu definieren, was ein Bild sei. "Nicht jedes Gemälde ist ein Bild." Das klingt einleuchtend und macht neugierig auf Knapes lang angekündigte Monographie.
Die folgenden Aufsätze gliedern sich nach Theorie, Theoriegeschichte, und Anwendung in der Praxis und sind erwartungsgemäß von unterschiedlicher Qualität. Hervorzuheben sind sicherlich die Artikel von Wieland oder Koch, denen man anmerkt, das sie sich schon länger mit Knapes Theorien beschäftigen, und sie zu neuen, fruchtbaren Anwendungen führen.

Ganz ohne Belletristik ging es dann aber natürlich doch nicht. Freunde von Regensburger Feldforschern haben herausgefunden, dass man mir mit Büchern immer eine Freude machen kann. So erhielt ich unverhofft eine herrlich angelesene Taschenbuchausgabe von A. S. Byatt's Posession. Ich lese noch daran, es geht nicht so schnell. Aber darin liegt auch der Zauber dieses Buches, das im häufigen Erzählerwechsel dazu zwingt, immer neue Perspektiven einzunehmen, und schlussendlich auch die eigene Rolle als Leser zu hinterfragen. Das Buch eine Liebesgeschichte zu nennen, greift sicherlich zu kurz oder weckt falsche Erwartungen. Aber es steckt voller Liebeserklärungen: an die Poesie und die Kraft der Sprache. An die Wissenschaft und die akademische Spurensuche, Detektivarbeit zur Ergründung eines Geheimnisses, das vielleicht niemanden interessiert als einen selbst. An selbständige Frauen (aber auch Männer), die den Mut haben, eigene Wege zu gehen. An das Lebensgefühl und den Wissensdrang der Viktorianischen Zeit. Es geht sicher noch weiter, aber ich habe auch erst gut die Hälfte gelesen.


Am besten gehe ich jetzt wohl heim und lese weiter.

Bildquelle: http://www.meisterstein.de/photos/Stills/pages/Buchstaben-fallen-aus-Buch.htm

Dieser Artikel ist ein Update zu: Bücher sind Lebensmittel. August.

Dienstag, 2. Oktober 2007

Home Sweet Home

Bin wieder in Berlin.
Zu Hause ist es doch am schönsten.
Jetzt muss ich nur noch Wäsche waschen, Essen kaufen, meinen Schreibtisch wieder reaktivieren, nebenstehenden Sampler besticken, alle meine Freunde wiedersehen, Bewerbungen schreiben, und eine Präsentation fertig machen, damit ich nächste Woche wieder nach München kann...
Ach ja. so friedlich, ruhig und erholsam ist das Leben in Berlin!