Montag, 29. Juni 2009

Narrative Weltsicht. Erfreulich, verständlich, hilfreich.

Endlich war heute mal Sommersonnenwetter. Und ich habe den ganzen Tag auf meinem nicht vorhandenen Balkon (= Sofa am offenen Fenster) gesessen und gelesen. Herrlich! Allerdings handelte es sich wohlgemerkt keineswegs um einen Roman oder andere fiktionale Trivialitäten, sondern um einen Klassiker der zeitgenössischen Forschungsliteratur zum Thema Nationalbewegung: Benedict Anderson's Imagined Communities.
(Ein zweiter Anlauf nachdem ich mich zwar daran erinnern konnte, das Buch vor drei Jahren schon einmal gelesen zu haben, aber nicht wirklich daran, was drin stand.)
Ich glaube, mit einigen seiner Konzepte komme ich vielleicht weiter - vor allem ein "neues" Kapitel aus der Neuauflage (über Narration, Erinnerung und bewusste, ja offenkundige Auslassung) klingen vielversprechend. (Deutsche Übersetzung hier.)
Für mich als bekennende Methoden-Schlampe (d.h. sehr ungenau, unsicher und ungeschult in der Methodenreflexion) war natürlich das Nachwort zur zweiten Auflage fast das interessanteste am Buch: eine Einordnung des Buches durch den Autor in die Forschungslage sowohl der ersten als der zweiten Auflage, genaue Motivation und Position pro/con welche Kollegen, und eine faszinierende Aufzählung der Rezeption über die Publikations- bzw. Übersetzungsgeschichte, komplett mit (akademisch-politischer) Einschätzung der Verlagshäuser und deren Motivation.

Aufschlussreich, weil ich offenbar immer noch nicht vollständig begriffen hat, dass Bücher und die Menschen, die sie schreiben, ganz eng zusammen hängen, und diese Bücher - wie alle Texte - stets durch die Lebensumstände dieser Menschen motiviert sind.
Ich meine, ich weiss das.
Aber ganz tief in meinem Herzen bin ich immer noch und immer wieder erstaunt, dass man Buchautoren treffen kann.
("Wie der lebt noch? ich habe doch ein Buch von ihm?!?")
(Und nebenbei bemerkt, ich bleibe auch bei meiner Verallgemeinerung, dass es in der Regel besser ist, nicht mit dem Künstler/Autor zu sprechen. Das zerstört die Illusion. )
Das merkwürdigste daran ist, dass ich mich nach fast 13 Jahren akademischen Lesens immer noch darauf konzentrieren muss, diese (für mich) sehr nützliche Faustregel* nicht auf Wissenschaftler zu übertragen...

* In einer denkwürdigen Ausnahme von dieser Regel habe ich einmal einen Auslandsaufenthalt verschoben, weil Terry Pratchett eine "Lesung" (mehr ein Interview) in Berlin hatte. Und es war richtig, den Flug zu verschieben! Auch wenn ich mit meiner Transformation in ein errötendes Groupie gar nicht zufrieden war - zumindest habe ich jetzt vier signierte Bücher, und in Small Gods sogar eine Zeichnung einer Schildkröte! The Turtle Moves! (Was mich aber nicht dazu bewegen wird, seinen wohlrezensierten Letztling Nation zu zitieren. Schade eigentlich, denn wenn irgendwo "Narrativium" -ganz im Sinne meiner momentanen Interpretationslinie - als konstituierendes Element der Welt angesehen wird, dann auf der Scheibenwelt. Und Fußnoten benutzt er ja auch... Aber das traue ich mich dann doch nicht. )**

**Gerade lese ich in dem schon zitierten Wikipedia-Artikel, dass Pratchett Alzheimer hat.
Scheiße. Sicher für ihn mehr als für mich, aber trotzdem. Scheiße. Der Mann ist IMHO brilliant, und soll nun zusehen müssen, wie sein Verstand nach und nach zerfällt?!
Das mit dem Ritterschlag hatte ich hingegen mitbekommen. Ein bisschen absurd, wenn man bedenkt, wie republikanisch seine Bücher sind. Aber warum soll es im besser gehen als Captain Vimes?

Links
http://www.amazon.de/Imagined-Communities-Reflections-Origin-Nationalism/dp/1844670864/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1246296369&sr=8-1
http://www.amazon.de/Die-Erfindung-Nation-Karriere-folgenreichen/dp/3593377292/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1246296369&sr=8-2
http://de.wikipedia.org/wiki/Terry_Pratchett
http://www.amazon.de/Small-Gods-Terry-Pratchett/dp/0552152978/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1246297464&sr=1-1
http://www.amazon.de/Nation-Terry-Pratchett/dp/0385613709/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1246297558&sr=1-1
http://www.lspace.org/books/analysis/statistics.html#footnotes
http://www.lspace.org/books/analysis/andreas-kristiansen.html#Toc58643936
http://www.lspace.org/
http://de.wikipedia.org/wiki/Alzheimer-Krankheit
http://en.wikipedia.org/wiki/Sam_Vimes

Dieser Post ist ein Update zu Neue Köpfe. Neue Welten und Südafrika on my mind. und irgendwie auch Bücher sind Lebensmittel. November.

Dienstag, 23. Juni 2009

Aufgehübscht. Dieser Blog und auch das Paleis op de Dam, Amsterdam

Gestern abend habe ich in einem Anfall von Krise-Übersprungshandlung-Ablenkung-und-Beschäftigungstherapie die Blogroll zur Rechten ein bisschen aufgehübscht. Immerhin kann man sich ja inzwischen den RSS-Feed direkt anzeigen lassen. Praktisch, wenn man nicht immer alle Lesezeichen durchsuchen will.

Wer weiter gehen will als ich und sich mit eigenen Icons von der Blogspot-Blogger-Masse abheben möchte, kann ja mal hier gucken: http://www.icon-blog.de/
Aber soooooo gelangweilt/gestresst/bekrist bin ich denn noch nicht, dass ich mir richtig Arbeit machen würde... Schlimm genug, dass nächste Woche (endlich) die Steuererklärung ansteht!

Zuletzt habe ich mich metatextlich übers Bloggen geäußert, glaube ich, hier: (Berliner) Blogger

Außerdem wieder hübsch gemacht: das Paleis op de Dam in Amsterdam, ehemaliges Rathaus, dann Palast von Napoleon sein Bruder Ludwig zu seiner Zeit als König der Niederlande. Ein Freund von mir hat die Freude und Ehre, an der Renovierung/Restaurierung mitzuwirken, u.a. indem er sich mit anderen ExpertInnen über die richtigen Tapeten streitet oder darüber, welche Uhr nun aufs Kaminsims gehört... Für Interessierte an Denkmalschutzfragen verspricht die zu erwartende Dokumentation viel Spannendes. Bis dahin kann man schon mal einen kleinen Bericht sehen, den das Holländische Fernsehen letzte Woche ausgestrahlt hat. Wer also eine halbe Stunde holländisches Kulturfernsehen ertragen kann und will (u. a. über eine geplane Rembrandt-Ausstellung), ab Minute 29 folgt der Bericht über den Palast...
Avro kunstuur vom 13. Juni 2009:
http://www.nederland2.nl/uitzendinggemist/programma/avro-kunstuur/4166/9704571

Get Microsoft Silverlight

oder



weitere Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Paleis_op_de_Dam
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Napoleon?title=Ludwig_Napoleon&redirect=no

Samstag, 20. Juni 2009

Freitag, 19. Juni 2009

What Fun! Stephen Fry's The Dongle of Donald Trefusis

...out now!

Or rather, has been out for a while, and I already missed two episodes.

$%&/!!!

Although, admittedly, what exactly it is that I've missed I not quite fully understand as of yet, although Verlagsstarter made a good attempt at explaining it all.

Anyway, it seems to be a mystery or quest, clues coming via podcast (on iTunes), a Twitter-Thingy , and possibly a Youtube Channel.

And after having watched everything Youtube has to offer in terms of Classic British Television (that is, David Suchet as Poirot, Jeremy Brett as Sherlock Holmes, now moving on to Joan Hickson as Miss Marple --as-intended-by-Ms.Christie--)* within the past few weeks, this seems promising for the next couple of months without cable or actually any Television connection. Better then rereading another novel for the umptieth time anyway.

*youtube those yourselves, will you?


Links:

http://verlagsstarter.de/2009/06/video-we-love-stephen-fry/comment-page-1/#comment-125

http://www.apple.com/uk/search/ipoditunes/?q=Donald+trefusis

http://twitter.com/donaldtrefusis

http://www.youtube.com/user/DrTrefusis

http://de.wikipedia.org/wiki/David_Suchet

http://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Brett

http://de.wikipedia.org/wiki/Joan_Hickson

Dieser Beitrag ist eine vage Fortsetzung von Fernsehen ohne Fernseher.

Mittwoch, 17. Juni 2009

"Och nö." Studentenproteste. Mal wieder.

Diesmal sollen es aber doch bis zu 100.000 gewesen sein, die auf die Straßen gegangen sind. Offenbar ist die Generation "Krise" doch noch nicht so frustriert/desillusioniert/gleichgültig wie ich manchmal glaube (und ja, ich zähle mich selbst zu dieser Generation hinzu).
Vielleicht sind aber auch die sogenannten Reformen bzw. Deformen inzwischen fast überall so absurd und destruktiv wie zur Zeit in Stuttgart, sodass sie sich nicht länger ignorieren lassen? Dort sollen 24 Professuren umgewidmet werden, und das betrifft sogar - Himmel bewahre - die BWL/VWL! Protest regt sich- ob's noch nützt ist unklar.


Bild: Spiegel.de

Wenn wir unser ökonomisches Zeitalter beim Wort nehmen wollten, so sollte doch die Nachfrage das Angebot regeln. Doch obwohl es eine große Nachfrage bei den Studierenden nach Geistes- und Sozialwissenschaften gibt, die zudem noch relativ wenig kosten (Personal in der Lehre/Forschung und ein paar Bücher, keinerlei teure Maschinen oder so), werden genau diese Fächer (trotz steigender Studierendenzahlen, ja sogar trotz nachgewiesen erfolgreicher Drittmittelacquise) demontiert für die Hoffnung, evtl. in einem ganz anderen Fachbereich möglicherweise vielleicht eine Exzellenz-Uni-Förderung zu bekommen.
Da wird also der Spatz in der Hand gerupft -egal wie fett -,um vielleicht eine Taube mit bunteren Federn aufs Dach zu locken... Absurd!

Wenn man wenigstens das Gefühl hätte, es gäbe einen Masterplan, und sei er nur auf einzelne Bundesländer beschränkt. Aber dank akademischer Selbstbestimmung und politischer Inselförderung einzelner Fachbereiche versuchen ALLE Universitäten in denselben Gebieten miteinander zu konkurrieren. Und das sind eben häufig nicht die Gebiete, in denen die jeweilige Uni ihre Stärken hat. Die gute alte Diversifizierung zur Stärkung (Stichwort"Diversity") hingegen - topaktuell in "der Wirtschaft" (wer immer das sein mag) - wird ignoriert, genauso wie die Tatsache, dass die ach-so-wichtige und vielbeschworene Interdisziplinarität nur funktionieren kann, wenn man tatsächlich noch verschiedene- und ja auch - unterschiedliche Fachbereiche hat...

Zum Glück ist das in Lüneburg ein bisschen anders. Hier sieht man nach, was man hat und was man kann, und konzentriert sich auf die Stärken, statt schwache aber "exzellenzclusterrelevante" Fächer auf deibel-komm-raus aufzuputschen. Der Vorteil einer kleinen Provinzuni, die nichts beweisen muss.
Sicher, man könnte sagen, die Schließung der Sozialpädagogik sei unnötig gewesen.
Andererseits will das Land die Studienplätze für Sozpäd aufstocken, nur eben an den vorhandenen FHs. Hiergegen könnte man einwenden, dass FH eben Lehre, seltener Forschung bedeutet, Forschung aber an den Unis geschieht, die Lehre davon profitiert, und ergo universitäre Lehre/Forschung in der Sozpäd erhalten werden muss. Allerdings sind die Sozpäds an der Leuphana meines Wissens (vielleicht liege ich falsch) ein Erbe der Fusion mit der PH - und somit eben nicht besonders forschungsstark/"universitär". Das hieße wiederum, die Verlagerung der "Uni-Sozpäds" an die FHs ist
1. ehrlicher was die Studieninhalte/-formate angeht
2. im schlimmsten Fall für die Studierenden unbequem (weil sie vielleicht nicht mehr von Mamas Küche aus studieren, sondern - Himmel bewahre - den Wohnort für das Studium wechseln müssten
3. der positive Nebeneffekt: geringere Studierendenzahlen bei gleichbleibender Anzahl Lehrender = bessere Betreuungsratio.
Und, liebe Lüneburger, ich mag nicht recht glauben, dass wegen 1800 Studierender weniger als zuvor die Kommune sofort zusammenbricht: sooo hoch kann die Zweitwohnsitzsteuer für Studierende gar nicht ausfallen, dass sich das im Lüneburger Einzelhandel bemerkbar machen würde. Als Mieter kann ich eine Entspannung beim Wohnwucher auch nur gutheißen.
In diesem Sinne - sagen wir es in der Deutschen Version von Herrn Obama's Anhängern:
Gradual CHANGE for most of us if we don't have to suffer the consequences! Yes we CAN maybe although I don't really have time to demonstrate cuz DSDS is on tonight...

Links
http://www.welt.de/politik/article3942491/Protest-gegen-Armstudieren-und-Turbo-Abi.html
http://www.faz.net/s/RubC3FFBF288EDC421F93E22EFA74003C4D/Doc~E275C03F32194442FB542C76ED1BECC0B~ATpl~Ecommon~Scontent.html
http://www.abc-der-menschheit.de/coremedia/generator/wj/de/__Downloads/Pressematerialien/Die_20Geisteswissenschaften_20in_20Zahlen.pdf
http://www.mi-st.de/download/Div-02-Jan-PersWirt.pdf
http://de.wikipedia.org/wiki/Interdisziplinarit%C3%A4t
http://www.miriam-staudte.de/cms/default/dok/242/242557.zukunft_der_studiengaenge_sozialarbeitso.pdf
http://www.tagesschau.de/inland/zweitwohnungssteuer100.html
Bildquellen
"Och Nö": http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-14534-18.html
Cartoon: http://www.falter.at/web/heureka/archiv/01_1/tex.gif

Wenn Sie diesen Beitrag mochten, möchten Sie vielleicht auch diese lesen: Geisteswissenschaften? Schaffen wir sie doch einfach ab! oder Schulschluss. Kein Feierabend.

Sonntag, 7. Juni 2009

Bremen. Ein Schrittchen weiter. Künstler (noch) gesucht.

Bremen Hauptbahnhof. 1889. Eingangshalle. Architekt: Hubert Stier

In Bremen handelte man früher gerne mit Tabak. Das mag sich nicht geändert haben, aber seitdem häßliche Aufkleber auf den Packungen EU-weit Pflicht sind, ist diese Tatsache wohl eher verpönt und man gibt nicht mehr damit an.
Das war früher anders, wie dieses wunderbare Kachelmosaik zeigt. Dankenswerterweise habe ich heute wertvolle Hinweise zu den Umständen erstanden, die zu diesem Bauschmuck geführt haben.
1. Anbringungsdatum: 1957
2. Herstellerfirma: Steingutfabrik Grünstadt, Pfalz
3. Renovierung 1998-2001

Der Tabakhandel in Bremen. Kachelmosaik gesponsert von der Martin Brinkmann AG

Wen jemand mir auch noch den Künstler nennen könnte, wäre ich eine glückliche Doktorandin... oder muß ich das etwa selbst erforschen?!

Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bremen_Hauptbahnhof
http://de.wikipedia.org/wiki/Hubert_Stier
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:BremenHauptbahnhof-Mosaik-03b.jpg&filetimestamp=20081011100028 http://www.porcelainmarksandmore.com/0pages/list-b.php
http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Brinkmann_AG

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit völlig anderen Aspekten meiner Diss als der Beitrag Neue Köpfe. Neue Welten

Freitag, 5. Juni 2009

Obama in Kairo. Zu schön um wahr zu sein.

Man braucht es eigentlich nicht zu kommentieren. Was für eine Rede! Hoffentlich meint er es nicht nur so wie er es sagt sondern erhält auch die Möglichkeit, diese Politik durchzuziehen. Ich habe Angst um einen Mann, der so vernünftig spricht... es grenzt an Naivität, an einer Fehleinschätzung wie Politik funktioniert. Dann wieder: Vielleicht ist es genauso "einfach" - talk sense. Just do it.
Good luck, Mr. President!

Link:
http://www.youtube.com/watch?v=6BlqLwCKkeY
Transkript hier:
http://www.whitehouse.gov/blog/NewBeginning/

Dieser Beitrag setzt fort, was inBücher sind Lebensmittel. Der Graf, Herr Obama und ich. begonnen wurde

Illuminati. "Symbologie" vs. Kunstgeschichte, oder wozu echte Wissenschaft nutzt

NB: Version 2 des Beitrages nach Anmerkungen vom Kugelschreiber. s.u.

Verschwörungstheorien sind großartig. Der Mischung aus überprüfbaren Fakten, geschickt eingestreuter Fiktion und hanebüchener Erklärung kann man sich nur schwer entziehen.
Möglicherweise ist Herr Brown auch ein guter Autor, der sein Handwerk versteht. (*) Obwohl ich keines seiner Bücher gelesen habe - weil ich nämlich den Verdacht habe, dass sie meine Intelligenz beleidigen. Und das regt mich dann auf, egal wie gut die Verschwörung sein mag.
Aus nicht näher nachvollziehbaren Gründen habe ich mir letzte Woche trotzdem "Illuminatus" angeschaut, wohlwissend, dass die hanebüchene Handlung des Buches für die Filmadaption wahrscheinlich eher noch vereinfacht wurde.
Ich verrate wohl niemandem zuviel, wenn ich zusammenfasse: Der Symbologe (was soll das eigentlich sein? ein Semiotiker? Warum muss man eine wissenschaftliche Disziplin erfinden - Wissenschaftler beschäftigen sich doch auch so schon mit den erstaunlichsten Sachen...) Langdon-Tom Hanks soll in Rom vier Kardinäle finden, die eigentlich gerade zum Papst hätten gewählt werden sollen, wären sie nicht in letzter Minute gekidnappt worden. Sie sollen im Stundenrhythmus hingerichtet werden, der erste um 8, der letzte um 12, also Mitternacht, und dann soll der gesamte Vatikan und halb Rom mittels im CERN produzierter Antimaterie in die Luft gesprengt werden. Ach ja, und dahinter steckt nicht Al Qaida, sondern natürlich die Illuminaten.
Da Herr Hanks sich noch warm laufen muss und ausserdem die Schweizer Garde ihn nicht mag, wegen dieser anderen Sache vor ein paar Jahren, kommt er zur ersten Leiche leider knapp zu spät. So weit so gut, oder vorhersehbar. (Übrigens: so wie der Mann sich aufführt würde ich ihn auch nicht in mein Archiv lassen...)
Nachdem er aber dann den entscheidenden Hinweis auf Bernini erhalten hat - warum zum Teufel setzt er sich nicht einfach wie ein guter _Akademiker (**)_ mit einem Stadtplan und dem Dumont Reiseführer Rom an einen Tisch und lässt die kleinen grauen Zellen arbeiten?
Mit wissenschaftlicher Methodik statt wahllosem Herumrennen in der Stadt hätten spätestens um 20 Uhr 35 alle weiteren geplanten "Opferschauplätze" identifiziert und mit Soldaten oder Polizei besetzt werden können. Ich meine, hallo?!? Bernini ist nicht gerade unbekannt unter den Künstlern des Barock - ich hätte ohne besondere Kenntnisse römischer Barockskulptur sofort zwei der drei "Altäre" nennen können. (ups. habe ich auch. die anderen Zuschauer waren aber nicht dankbar...) Dazu braucht es noch nicht mal Wissenschaftler - das ist wikipedia-Wissen!

Ok, es wäre kein aufregender Actionfilm geworden, aber der Mann ist ja angeblich auch Wissenschaftler - aber warum muss er Indiana Jones nacheifern?(***) Auch Poirot (****) hat mit der "Nachdenken-dann-handeln" Methode fast 40 Bücher bestritten, und alle waren sie fesselnd...
Es ist ein Kreuz.
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Anmerkungen:
(*) Ich unterscheide gerne zwischen Guten Autoren, d. h. Leuten, die mit Sprache umgehen, Spannung erzeugen, ja auch Gefühle wecken können, und Guten Geschichten. Nicht jeder gute Autor kann nämlich auch einen guten Plot entwickeln, oder glaubhafte Charaktere. Wenn beides zusammen kommt ... das ist schön!
(**) Der ursprünglich benutzte, ironisch gemeinte Begriff "Schreibtischtäter" wurde vom Kugelschreiber zu Recht bemängelt. Ich gebe zu, mir waren die juristischen Implikationen nicht bekannt. Wieder was gelernt!
(***) Mir ist bekannt, dass die fiktionale Figur "Indiana Jones" ebenfalls Wissenschaftler, in diesem Fall Archäologe ist. Mir ist auch bekannt, dass seine "Forschungsalltag" sich stark von dem "normaler" Archäologen unterscheidet. Hinweise: mehr Explosionen, weniger Schreiben von DFG-Anträgen...
(****) Über die akademische Bildung von M. Hercule Poirot ist mir nichts bekannt. Sein analytisches Denken fällt aber in die Gruppe von Methoden, die ich von Wissenschaftlern erwarte. Das heißt nicht, dass sie akademisch gebildeten Menschen vorbehalten ist.

Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dan_Brown
http://de.wikipedia.org/wiki/Illuminati_(Film)
http://de.wikipedia.org/wiki/Semiotik
http://de.wikipedia.org/wiki/CERN
http://de.wikipedia.org/wiki/Illuminaten
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Da_Vinci_Code_%E2%80%93_Sakrileg
http://de.wikipedia.org/wiki/Gian_Lorenzo_Bernini
http://de.wikipedia.org/wiki/Hercule_Poirot

Dienstag, 2. Juni 2009

Neue Köpfe. Neue Welten

Bahnhof Metz, Reichsland Elsass-Lothringen, im Jahre 1908. Graf Haeseler erscheint verkleidet als Roland. Das Deutsche Reich floriert.


Dann, 1919, enthauptet und neu beköpft als "Ritter". Der Erzfeind ist besiegt.
Dann, 1942, enthauptet und wieder als Haeseler. Man sieht gleich, die Deutschen sind zurück...
Dann, 1945, wieder neu beköpft. Wieder als "Ritter". Die Lothringer mögen den armen Haeseler wohl nicht.
Das Wappen hat auch jedes Mal gewechselt.
Heute sieht er so aus:

Mannomann, der arme Roland. Steht alles hier. Danke, Prof. Hudemann!

Und während ich also fleißig mit gespitztem Bleistift am Schreibtisch sitze und Artikel über die Rezeption der Matière de France, und hier vor allem natürlich der Chanson de Roland im Frankreich des 19. Jhd. suche (gerne auch als "richtige" Literatur")...


...ist der Bakerman unterwegs zu neuen Welten!

Viel Erfolg!

Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gottlieb_von_Haeseler
http://fr.wikipedia.org/wiki/Roland
http://www.memotransfront.uni-saarland.de/htm/9x61.htm
http://fr.wikipedia.org/wiki/Mati%C3%A8re_de_France
http://fr.wikipedia.org/wiki/La_Chanson_de_Roland
http://sakusska.blogspot.com/