Dienstag, 28. September 2010

PowerPoint ist tot - Es lebe Prezi? Einige Überlegungen für und wider.

Schon vor Wochen wurde ich auf das neue Präsentationstool Prezi aufmerksam gemacht - von verschiedenen Seiten, aber nach diesem Artikel auf artefakt habe ich mich auf der Website mal genauer umgeschaut und einen Probe-Account eröffnet. Wie bei fast allen neuen Web-2.0-Anwendungen erscheint allerdings der Jubel der Konvertierten Neu-Prezianer ein bisschen einseitig...




Natürlich: Prezi scheint ein gutes Tool zu sein.
Aber es gelten auch hier einige Einschränkungen. Die wichtigste ist -wie immer- der Anwender.
Wer schlechte PPP erstellt, der wird auch keine guten Prezis estellen.

Denn in jedem Fall gilt es, zuallererst folgende Frage zu beantworten:
-Was will ich meinem Publikum sagen?
erst dann kann ich fragen:
-Mit welchem Medium kann ich meine Aussage unterstützen?
und dann muss ich mir ganz ganz klar machen:
- eine gute Präsentation (egal mit welcher Software) schreibt man nicht "mal schnell zwischendurch"  in zwei Stunden...14 Tage sollte man schon kalkulieren (mit "Ruhephasen", selbstverständlich!)

Für mich als Kunsthistorikerin ist PPP nicht automatisch mit Schwefelgeruch umgeben -meine PP-Vorträge sehen ziemlich genau so aus, wie ich es in der Uni mit zwei Diaprojektoren  gelernt habe. Nur halt jetzt digital. Also Folien mit großen Bildern, oder Folien mit Bild und Detail eines Bildes. Powerpoint kann das, und Powerpoint kann das gut. Basta.

Außerdem nutze ich gerne die Notizenfunktion von PP, um bereits geschriebene Texte zu editieren. Das geht ungefähr so: 
1. Fertig ausformulierten Vortrag/Teilkapitel der Diss/Hausarbeit abspeichern
2. Einzelne Abschnitte in das Notizenfeld leerer Folien kopieren
3. Zum Text passende Folie gestalten
3.a) Schlussfolgerung/Hauptthese des Absatzes in den Titel tun. Dabei bemerken, ob die Hauptthese des Abschnittes bereits ausformuliert im Text ist, und warum eigentlich nicht?
3.b) Der Argumentation zugrundeliegende Bilder in die Folie packen. (In Kunstgeschichte liegen eigentlich immer Bilder zugrunde, deshalb ist das nicht so schwer). Überprüfen, ob man die gleichen Bilder im Abbildungsverzeichnis hat, bzw. im Text angegeben hat.
3.c) Alles was nicht mit der Folie zu tun hat, aus dem Text streichen (überflüssig) oder in eine neue Folie verschieben (neuen Absatz im Text anlegen.)
4. Anhand der Reihenfolge der Folien überprüfen, ob der Argumentationsaufbau im Text so sinnvoll ist, oder ob einzelne Argumentationsstränge verschoben werden müssen.
5. Alle Änderungen wieder in den Text übernehmen. Fertig.
Hat sich bei mir bewährt.

Nun bin ich, wie gesagt, als Kunsthysterikerin in einer sehr bequemen Position mit meinen PP-Folien, aber die erste Regel lautet eben: nützt die Folie meinem Publikum?
Visualisierung ist wichtig, aber PowerPoint ist kein Teleprompter. Warum also sollte ich meinem Publikum meine Vortragsnotizen zum Mitlesen zumuten, die ich mir doch viel besser ausdrucken kann - wer mitliest, hört nicht zu.
Und wenn das Publikum den Text wirklich braucht oder als Skript haben soll, kann ich die Notizen als Handzettel austeilen (oder einen eigens angefertigten Handzettel), und gut.

Heute erwarten die Studierenden, dass ihnen nach jeder Vorlesung sofort die Folien zur Verfügung gestellt werden. Das führt dazu, dass keiner der Studies mehr selbst mitschreibt, oder möglicherweise etwas falsches mitschreibt (ich denke hier natürlich hauptsächlich  an den universitären Kontext...) und dann hat er/sie wahrscheinlich nur wenig davon - wer mal versucht hat, den Inhalt einer PPP zu verstehen, ohne den Vortrag gehört zu haben (Stichwort PowerPoint-Karaoke), der weiß, was ich meine. Und was ist mit den schön-altmodischen Vorträgen, in denen es erst gar keine Medienunterstützung gibt? A***karte in gold!

Andererseits wird auch von den Studierenden erwartet, dass sie ihre Referate mit Medienunterstützung präsentieren. PPP haben sich hier zum Standard gemausert. Davon abgesehen, dass die intelligente Nutzung von PP den Großteil der Referate schon sehr viel erträglicher machen würde, könnte Prezi hier eine echte Bereicherung sein.

Prezi funktioniert wie eine große, digitale Tafel. Man kann sich darauf Notizen machen, Bilder oder Videos hinzufügen, und vor allen Dingen hinein und wieder herauszoomen. Eine Skalierung von wichtigen und unwichtigen Punkten erfolgt daher einfach und intuitiv durch unterschiedliche Größenverhältnisse.
Natürlich kann man auch hier vieles falsch machen - auf die Gefahr von Seekrankheit und Schwindelgefühl durch zuviel/unmotiviertes Zoomen weisen schon die Prezi-Leute in ihren Tutorials hin.

Ich bin auch nicht ganz überzeugt davon, dass man Prezi - in der Freeware - nur online nutzen kann... aber wahrscheinlich hat heute ohnehin jeder (potentielle Nutzer) eine Flatrate.
Immerhin gibt es ohne Umstände eine Studenten/Lehrendenversion, die es erlaubt, zusätzliche Features kostenlos zu nutzen. Und Prezi ist neu, und lebt daher noch von der Mund-zu-Mund-Propaganda...

Meines Erachtens ist Prezi gut für Präsentationen, die
a) textlastig wären (in PowerPoint hauptsächlich aus Bulletpoints bestünden)
b) auch ohne Erzähler funktionieren müssen (z. B. statt einer Posterpräsentation)
c) wenn man noch keinen ausformulierten Text hat, der zum Referat gekürzt werden soll, sondern umgekehrt erst einige Stichpunkte gesammelt werden, die zum Referat ausgebaut werden sollen...

Prezi ist m. E. super geeignet, Mindmap-Strukuren mit einem Erzählstrang zu versehen.
Leider bin ich nicht gut mit Mindmaps. Ich glaube auch nicht, dass ich mich noch umgewöhnen kann.
Aber wir arbeiten alle unterschiedlich.

Links:
www.prezi.com
http://www.artefakt-sz.net/allerart/warum-eigentlich-immer-powerpoint
http://prezi.com/wwmfvms6dno-/death-of-powerpoint-prometisdesigncom/
http://de.wikipedia.org/wiki/Powerpoint-Karaoke