Montag, 30. April 2007

1. Mai

Der erste Tag im Monat Mai
ist mir der glücklichste von allen.
Dich sah ich und gestand dir frei,
den ersten Tag im Monat Mai,
dass dir mein Herz ergeben sei.
Hat mein Geständnis dir gefallen,
so ist der erste Tag im Monat Mai
für mich der glücklichste von allen.
(Friedrich Hagedorn)

Ich hab zum ersten Mai ein eher gespaltenes Verhältnis. Klar, Feiertag ist schön. Tag der Arbeit, und dabei frei haben - an solchen Paradoxen kann ich mich freuen. Aber wenn man mit 16 etwas ländlicher wohnt, und einen Birkenhain hinter dem Haus hat, und am 2. Mai wieder in die Schule kommt, und alle, ALLE haben etwas zu erzählen über ihren Maibaum, und ich bin die einzige, die nie, wirklich NIE einen bekommen hat...
Dieser Schmerz sitzt tief.
*seufz*

Zum Glück ist dieser doofe Brauch in Berlin nicht üblich.

Spartaner. Perser. Vom Nutzen der Theaterwissenschaft

"You will not enjoy this" - dazu eine schöne, mäßig bekleidete Frau und viel Blut. An wen mag sich dieses Filmplakat wohl richten? Ich bin schon neugierig. Eine kurze Recherche im Internet ergibt: a) Comic-Fans, denn beim Film handelt es sich um die Adaption dieser graphic novel.
b) Amerikaner, die historische Präzedenzfälle für den Einmarsch im Iran suchen - zumindest vermutet das der Präsident...
c) homophobe Heterosexuelle mit Vorliebe für eingeölte Männer in String-Tangas - vermutet zumindest Dan Savage...
Okay. Der Film steht ganz oben auf meiner Liste. Muß ich unbedingt sehen. Und da Persien ja grad im Trend liegt, kann ich mir ja auch gleich Händels Xerxes wieder einmal anschauen. So eine schöne Oper, voller Schlager und mit einer großartigen Handlung!


"König Xerxes will Romilda heiraten, die aber seinen Bruder Arsamenes liebt. Romildas Schwester Atalanta versucht, Arsamene für sich zu gewinnen und rät Romilda, Xerxes zu heiraten.
Xerxes verbannt seinen Bruder, der Romilda durch den als Blumenhändler verkleideten Diener Elviro eine Nachricht zukommen lässt, um ihr ewige Treue zu schwören. Die Nachricht wird aber Atalanta überbracht, die sie ihrer Schwester zeigt und behauptet, sie wäre an Atalanta gerichtet, worauf Arsamene und Romilda streiten.
Xerxes verfolgt Romilda und sagt ihrem Vater Ariodante, Romilda müsse auf königlichen Befehl ein Mitglied seiner Familie heiraten. Ariodante nimmt irrtümlicherweise an, es beziehe sich auf Arsamene. Amastre, die Xerxes für Romilda verlassen hatte, verkleidet sich als Mann und beobachtet Xerxes. Nach der Hochzeit Arsamenes und Romildas gibt Amastre sich Xerxes zu erkennen, der sich seiner Treulosigkeit wegen schämt. Amastre nimmt seine Entschuldigung an."
Barocke Oper halt! Noch Fragen? Wenn ja, dann wißt Ihr jetzt auch, warum die Welt Theaterwissenschaftler braucht...
Ich glaube, das ist genug Programm für einen Feiertag.


http://de.wikipedia.org/wiki/Erste_Schlacht_bei_den_Thermopylen
http://de.wikipedia.org/wiki/300_(Comic)
http://slog.thestranger.com/2007/03/300
http://de.wikipedia.org/wiki/Serse

Mittwoch, 25. April 2007

Sonette. Triolette.

Ein langes Wochenende steht vor der Tür! Freizeit! Zeit einmal etwas zum Spaß zu Lesen! Wie wäre es mal mit etwas Lyrik? Oder geht es Euch auch so:

"Sonette find ich sowas von beschissen,

so eng, rigide, irgendwie nicht gut;

es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,

daß wer Sonette schreibt. Daß wer den Mut

hat, heute noch so’n dumpfen Scheiß zu bauen;

allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,

kann mir in echt den ganzen Tag versauen.

Ich hab da eine Sperre. Und die Wut

darüber, daß so’n abgefuckter Kacker

mich mittels seiner Wichserein blockiert,

schafft in mir Aggressionen auf den Macker.

Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.

Ich tick es echt nicht. Und wills echt nicht wissen:

Ich find Sonette unheimlich beschissen.

(Robert Gernhardt: Materialien zu einer Kritik der bekanntesten
Gedichtsform italienischen Ursprungs
)


Heutzutage lesen ja leider nicht mehr viele Leute Gedichte, und ich selber bin keine Ausnahme.
Und wenn doch, dann in aufbereiteten Häppchen, leicht verdaulich, am besten ein bisschen witzig. Reclam ist gut darin, kleine Portionen Lyrik für die Jackentasche zu produzieren. "Heine zum Vergnügen" etwa, oder irgendetwas von Robert Gernhardt. Oder Ringelnatz. Oder Morgensterns "Galgenlieder". Alles Klassiker. Alles vielleicht ein bißchen banal, könnte man meinen, abgedroschen. Oft zitiert, ja, denn diese Dichter sind leicht zugänglich, gerade wegen ihres Humors. Man liest bis zur Pointe, lacht, liest weiter. Viele Menschen hören an dieser Stelle auf, und das sind auch die, die Morgenstern banal finden. Oder Wilhelm Busch. Der Trick ist, nicht weiterzulesen, sondern erneut zu lesen.
Deshalb sind die kleinen Reclam-Heftchen ideal. Denn man darf einen Gedichtband nicht von vorne nach hinten lesen wie einen Kriminalroman - wenn man sein Ende kennt, ist er nicht mehr spannend. Ein gutes Gedicht hingegen wird erst spannend, nachdem man es kennt. Wenn man beim erneuten Lesen nicht nur dem Klang der Worte folgt, sondern sich vom Rhythmus der Zeilen den Atem kontrollieren läßt. Und auf einmal bemerkt, wie streng die Form ist, die dem Stück zugrunde liegt, Metrum, Reimschema, Strophen.

Vor nicht allzulanger Zeit haben Dichter in diesen strengen Formen eine Begrenzung gesehen, eine Einschränkung ihrer poetischen Kraft. Dabei entfaltet sich diese doch erst im geschickten Bezug auf diese Regeln, und manchmal liegt der ganze Witz - wobei die Pointe nicht immer zum Lachen sein muss - im kalkulierten Brechen der Erwartung.
Im Guardian führt uns Carol Rumen führt einen mitten hinein in die wunderbaren Möglichkeiten der strengen Form des Trioletts:

"O why do you walk through the fields in gloves,
Missing so much and so much?
O fat white woman whom nobody loves
Why do you walk through the fields in gloves
When the grass is as soft as the breast of doves
And shivering sweet to the touch?
O Why do you walk through the fields in gloves,
Missing so much and so much?
(Frances Cornford, 'To a Fat Lady seen from the Train')

I first read this poem at school and, while admiring its technical
skill, felt mildly irritated by the rhyme-driven assumption about the
protagonist's character. How did the poet know that the fat woman was not an
adored and adorable person with masses of friends and a deep love of nature,
merely dressed for church or some such formal event? Later, I discovered
Housman's wickedly twinkling, and rightly foreshortened, six-line parody:

Oh why do you walk through the fields in boots
Missing so much and so much?
Oh fat white woman whom nobody shoots
Why do you walk through the fields in boots
When the grass is as soft as the breast of coots
And shivering sweet to the touch?"


Der Witz ist eben oft nur vordergründig. Aber er ist ein guter Köder. Weiterlesen kann man hier:

http://www.fulgura.de/sonett/karussel/steuern/1zufall.htm
http://www.reclam.de/

Montag, 23. April 2007

Schweinehunde. Schneewittchen

Über's Wochenende war ich in Hamburg. Shoppen. Weil doch jetzt der Sommer kommt.

Leider musste ich feststellen, mit meiner Bikini-Figur ist es noch nicht so richtig weit.

Wie viele Menschen leide ich nämlich unter einer weit verbreiteten Wohlstandskrankheit, der Akrasia. Besser bekannt unter ihrem poetischeren deutschen Namen ist sie zwar leicht zu diagnostizieren, doch nur schwer zu bekämpfen. Die Schulmedizin hat zumindest noch kein Mittel entdeckt. Kein Wunder, dass immer mehr alternative Methoden auf den Markt kommen. In einem kleinen Laden in Eimsbüttel zum Beispiel fand ich folgende Aufkleber für den Kühlschrank:




Und wenn das nicht hilft:



Ok. Vielleicht etwas drastisch, aber leider hat mein Kühlschrank keine Magnet-Tür.

Und irgendwie ist ER ja auch ganz süß... und soo pflegeleicht! Und man soll seine Haustiere doch nicht einfach aussetzen, wenn sie, drei bis vier Monate nach Weihnachten, dann etwas größer geworden sind...
[http://tinyurl.com/2e9are]
Deshalb war ich dankbar, dass die Firma stickyjam.de nicht nur Beschimpfungen anbietet, sondern der vom mißglückten Bikini-shoppen geknickten Seele auch nette Dinge zu sagen hat. Daher habe ich einen Aufkleber für meinen Spiegel erworben, der mir ein hübsches Kompliment macht. Irgendeiner muss es ja tun. Außerdem erinnerte mich der Aufkleber an den großartigen Spiegel einer Freundin, der vollständig mit Text beschriftet ist. Es startet oben links mit: "Wow! Siehst du aber heute toll aus!" und hört unten rechts auf mit "Wenn du dein Haar schüttelst, leuchtet es wie Gold - und dein Lächeln ist zauberhaft!" Ich habe sie immer darum beneidet.
Nun besitze ich immerhin die Sparversion. Ich kann es nur empfehlen...


Donnerstag, 19. April 2007

$%&/ Kettenbriefe

Habe gestern einen dieser dämlichen Kettenbriefe bekommen, die einem - würde jeder sie tatsächlich weiterschicken - nicht nur regelmäßig die mailbox verstopfen, sondern auch wertvolle Arbeitszeit stehlen.
Glücklicherweise scheinen mich meine Freunde so gut zu kennen, dass sie ahnen, zu welchem Zeitpunkt ich mich über wirklich jedes Hilfsmittel zur Prokrastination freuen würde.
Um aber nicht wieder 15 oder 150 spam-artige mails weiterzusenden, erfolgt die Antwort eben hier. Auf geht's!

Welcome to the 2007 edition of Getting to Know Your Friends. What you are supposed to do is copy (not forward) this entire e-mail and paste it onto a new e-mail that you'll send. Change all the answers so they apply to you, and then send this to your friends including the person who sent it to you.
The theory is that you will learn a lot of little things about your friends, that you might not have known


1. What time did you get up this morning?
well. the first alarm clock rang at 8.10. And again 8.15, 8.20 etc. By the time my second alarm clock started buzzing it was 8.45. I think I got up shortly after the 9.00 radio news...

2. Diamonds or pearls?
Ha! Definitely Pearls. On the other hand, if anybody feels compelled to give me diamonds, I am sure I would wear them. Feel free to try!

3. What was the last film you saw at the cinema?
The Queen. I think.

4. What is your favorite TV show?
Difficult. Right now "House", probably.

5. What do you usually have for breakfast?
4 Tablespoons of plain rolled oats, with some raisins, nuts and cinnamon, fresh fruit of my choice, and half a cup of skim milk. In winter I might blitz it in the microwave. Sometimes I also manage a cup of Earl Grey tea with milk.

7. What is your middle name?
I have two middle names. Just in case. One is my grandmother (father's side), one my mother's sister who died shortly before I was born.

8. What food do you dislike?
Okra. Natto beans. Not too crazy about most cheeses either.

9. What is your favorite CD at the moment?
I don't think I ever had one. But I am listening to Carla Bruni a lot lately.

10. What kind of car do you drive?
I ride my bicycle. Sometimes friends let me drive their car.

11. Favorite sandwich? I
Grilled ciabatta with portobello mushroom and feta. Or red pesto with smoked trout. Or honey mustard with lean ham. Name it. I like food.

12. What characteristic do you despise?
Illoyality

13. Favorite item of clothing?
that varies. right now I love this very green cotton v-neck sweater.

14. If you could go anywhere in the world on vacation, where would you go?
I agree with the friend who sent this questionnaire to me. Although I'd like to add, I would take a boat to St Petersburg. For the rest, I quote "To St. Petersburg, from there to Moscow by train and then taking the Transsiberian to Beijing". Let's go together! We can pack lots of books so that we don't have to talk to each other all the time. And maybe, if there is time, move on to Shanghai and Japan?

5.What color is your bathroom?
white. there is some wood panelling (not my doing) and a very ugly linoleum floor.

16. Favorite brand of clothing?
don't know. can't afford brands. Make my own stuff.

17. Where would you retire to?
to my home and family. wouldn't they just hate me for that? :-)

18. What was your most recent memorable birthday?
the last one, which was among the best birthdays ever.

19. Favorite sport to watch?
I don't watch sport. But gymnastics is fascinating, if only for their body control. Not enough to watch it though.

20. Furthest place you are sending this to?
not sending it, blogging it - for all the world to read.

21. Who do you least expect to send this back to you?
don't expect any - but feel free to comment!

22. Person you expect to send it back first
dito

23. Favorite saying?
no favorite - it all depends on situation after all

24. What is your Birthday?
May 31

25. Are you a morning person or a night person?
very definitely a night person - if you let me.

26. What is your shoe size?
39

27. Pets?
wish I had a cat again...

28. Any new and exciting news you'd like to share with us?
Maybe I found someone who maybe wants to give me more funding for my dissertation!

29. What did you want to be when you were little?
bigger

30. How are you today?
was quite shaken in the morning, but stable now.

31. What is your favorite candy?
At the moment I am rather salty - salted almonds. wasabi peas. If it has to be sweet: I cannot resist dry cookies with chocolate coating. Dark chocolate.

32. What is your favorite flower ?
Never know flowers by name. Anything bright, plain and good-smelling.

33. What day on the calendar you are looking forward to?
As in: can't wait, count the days? wouldn't know.

34. What is your full name?
My friends do know.

35. What are you listening to right now ?
My colleague typing (and thus shaming me. I am sure he actually works...)

36. What was the last thing you ate?
some roasted nuts. which reminds me: there must be a banana somewhere.

37. Do you wish on stars?
Oh yes.

38. If you were a crayon, what color would you be ?
a blueish green

39. What is the weather right now?
Sunny but rather chilly

40. Last person you spoke to on the phone
my best friend's boy friend

41. Do you like the person who sent this to you?
:-) I do.

42. Favorite soft drink?
water. herbal/fruit tea

43. Favorite restaurant?
rather a café: Swingdiele.

44. Hair color?
blond enough

45. Siblings?
three twin brothers

46. Favorite day of the year?
Indian summer

47. What was your favorite toy as a child
books. give me books. any books.

48. Summer or winter?
Fall

49. Hugs or kisses?
Do I have to choose? Hugs

50. Chocolate or Vanilla ?
dark chocolate

51. Do you want your friends to email you back?
If I write to them - yes. That's the whole point normally, isn't it?

52. When was the last time you cried?
If you have to know: 11.50 am

53. What is under your bed?
probably dust balls. Do you think I should check?

54. Who is the friend you have had the longest?
There are friends you know for a long time and there are friends you know well...

55. What did you do last night?
had dinner with a friend

56. Favorite smell?
fresh bread or cake

57. What are you afraid of?
where should I start? - ach well: stairs. my future.

58. Plain, buttered, or salted Popcorn?
no butter. salt. and an appropriate movie.

59. How many keys on your key ring?
eight - two of them unidentified.

60. How many years at your current job?
just over two years

61. Favorite day of the week?
they are all alike. But thursdays are usually bad.

62. How many towns have you lived in?
six, if I only count more than three months

63. Do you make friends easily?
yes. It's much more difficult to keep them though, but I give my best.

64. How many people will you be sending this to?
no more, I hope

65. What is your pet peeve?
an economic mindset

Mittwoch, 18. April 2007

Geisteswissenschaften an der TU

Immer wieder werde ich gefragt, wieso ich als Kunsthysterikerin denn ausgerechnet an einer TU studiere. Davon abgesehen, dass meine Antwort nicht sehr informativ ist (ich werde dafür bezahlt), scheint die Frage doch eher zu sein: warum gibt es überhaupt Geisteswissenschaftler an einer Technischen Universität. Eine Debatte, die angesichts der verarmten Landeskassen und dreier (incl. UdK sogar vierer) Hochschulen auf Berliner Boden ja auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Momentan führen sie stellvertretend der Soziologe (FU, emeritiert 2006) Wolf Lepenies und Adrian von Buttlar, Dekan der Fakultät I (Geschichte und Kunstgeschichte) der TU Berlin.
Lepenies erinnert daran, dass die Briten bei der Wiedereröffnung der TU 1946 die Neugründung einer geisteswissenschaftlichen Fakultät zur Auflage machten. Damit wollten sie sicherstellen, dass dort nicht noch einmal geistlose Technokraten ausgebildet würden. Nuna aber sei die Abwicklung der "traditionsreichen und hoch angesehenen Geisteswissenschaften" zu beklagen. Dass die "Verpflanzung der Geisteswissenschaften in ein fremdes Umfeld" trotz des traditionsreichen Streites der "Sciences" gegen die "Humanities" fruchtbar sein könne, habe hingegen der Literaturwissenschaftler Walter Höllerer (berufen 1959) bewiesen: Höllerer gründete kurzerhand ein „Institut für Sprache im technischen Zeitalter“ und eine gleichnamige Zeitschrift. Daran zu erinnern sei "kein Ausdruck der Nostalgie" sondern "Kritik an einer Institution, die durch ihre intellektuelle Magersucht Erkenntnis- und damit Zukunftschancen verspielt." Lepenius schließt programmatisch: "Heute wäre über die Seele im Zeitalter des Internet nachzudenken, über den Menschen in der Ära von Google, von Web 2.0 und „Second Life“ – der virtuellen 3D-Welt, in welcher wir uns eine alternative Existenz aufbauen können. Es ist höchste Zeit, den Ort der Geisteswissenschaften in Technischen Universitäten neu zu bestimmen. Unzeitgemäß ist es, sie dort vom Platz zu stellen."
In seiner Replik ergreift Buttlar die Gelegenheit, Lepenius nicht nur zuzustimmen, sondern auch zu den Status Quo der Fakultät auf dem neuesten Stand zu präsentieren. Die Geisteswissenschaften, so behauptet Buttlar trotzig, seien keineswegs abgewickelt worden. Vielmehr sei man 2006 zu einem Neustart angetreten, mit dem man "Forschung, Studium und Lehre von Geisteswissenschaften am Standort Technische Universität als besondere Chance zu begreifen" suche. Der neue Bachelorstudiengang "Kultur und Technik" beispielsweise wolle "die spannungsreichen Wechselbeziehungen zwischen Geistes-, Natur-, Technik- und Planungswissenschaften ins Blickfeld rücken", und auch in den sechs neuen, forschungsorientierten Masterstudiengänge gehe es "um die zugleich kritische wie auch synergetische "Ko-Evolution" (Günter Abel) der Wissenskulturen der "humanities" und "sciences" und damit um eine Perspektive, die wohl weder auf den Dialog mit unseren Partnern aus anderen Fakultäten noch auf die geforderte Selbstdisziplinierung verzichten kann." Die harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre wolle er nicht schönreden, obwohl ein Protest dagegen jetzt wohl zu spät komme. Statt zu schmollen habe man ein neues, profiliertes und attraktives Studienangebot konzipiert, das Studierende und Lehrende gleichermaßen herausfordere. Fast triumphierend schließt Buttlar mit der Ankündigung, gleich fünf Strukturprofessoren seien neu zu besetzen, sodass von "intellektueller Magersucht" wohl keine Rede sein dürfe.

Und doch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier das Hungern als Fasten gesund geredet werden soll. Was sind schon fünf Neuberufungen gegenüber den fast 26 Einsparungen innerhalb der letzten fünf Jahre? Wie die per definitionem betreuungsintensiveren Bachelor- und Master-StudentInnen von zunehmend weniger Lehrenden angemessen betreut werden sollen, will mir zumindest nicht einleuchten... Was die Studierenden in interdisziplinären Wischi-Waschi-Studiengängen wie "Kultur und Technik" lernen sollen, ist mir im übrigen auch nicht klar. Bisher konnte ich mich als MagisterstudentIn ja auch für verschiedene, und durchaus unterschiedliche, Fächer einschreiben, bekam zugleich aber auch ein klares Profil vermittelt. Besser qualifiziert - und das wird ja immer gefordert - ist man mit den neuen BA sicherlich nicht. Vielmehr sollte die Wirtschaft viel mehr in die Pflicht genommen werden: Wenn die Firmen experimentierfreudiger in ihrer Einstellungspolitik wären, und zugleich bereit, einen Hochschulabsolventen gleich welcher Fachrichtung in ihren Betrieb einzulernen, statt einen fertigen Arbeitnehmer zu erwarten, wäre schon viel gewonnen. Vor allem in dieser Hinsicht können wir vom anglo-amerikanischen System noch viel lernen.

http://www.abc-der-menschheit.de/coremedia/generator/wj/de/07__Aktuell/Debatten/Fluch_20oder_20Segen.html
http://www.welt.de/kultur/article740401/Bitte_schaden_Sie_der_Technik.html
http://www.welt.de/welt_print/article747858/Heute_ist_nicht_gestern.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Lepenies

Dieser Artikel ist ein Update zu: Perlentaucher im Jahr der Geisteswissenschaften und Geisteswissenschaften? Schaffen wir sie doch einfach ab!

Freitag, 13. April 2007

Motoradwetter. Scheibenkleister.

Wenn man meinen motorisierten Freunden glauben darf, dann ist dieses Wochenende spätestens das Äquivalent zum biertrinkerischen "ozapft is" - zumal die Biergartensaison bei diesem herrlichen Wetter ja auch als eröffnet gelten kann. Jetzt kann man also wieder allerlei Zweiräder durch die Landschaft knattern hören. Das Fahrgefühl soll ja fantastisch sein, allein die Frequenz des wrumm-wrumm zehrt an meinen Gehörnerven. Naja. Wem's Spaß macht. Es ist ja offensichtlich sehr naturverbunden.



Und auch in der Ernährung ist es so ursprünglich: in einer Mischung aus Jagen und Sammeln pult sich der Motorradfahrer abends - gleich dem Bartenwal - die Proteine aus den Zahnlücken. Wunderbar!
(oder auch als "Scheibenkleister" vom Helm, wie Volker Steger schön gezeigt hat): (leider kann ich die hübschen Bilder grad nicht mehr finden...)ich reiche sie bald nach, hoffe ich :-(

Donnerstag, 12. April 2007

Jeanne d'Arc jetzt auch in Japan

Am 16 Mai 1920, Jahre nach ihrer Hinrichtung und Jahre nach ihrer Rehabilitierung, sprach Papst Benedikt XV Jeanne d'Arc heilig. Über ihr Leben gibt es lehrreiche, inspirierende und spannende Bücher und Filme. Einer der schönsten erreicht uns heute via Krakau: hier wird die Legende einmal richtig schön auf den Punkt gebracht!



Für alle, die nicht folgen können (dabei ist es doch sogar untertitelt?!:
Jeanne d'Arc erkennen wir an den blonden Haaren.
Die Erscheinung in den Wolken, von der Jungfrau demütig "kami-sama" (Gottheit) genannt, wird per Schriftzug als Michael identifiziert. Irgendwie kann man Jeanne'S Schock schon verstehen... :-)

Mittwoch, 11. April 2007

Perlentaucher im Jahr der Geisteswissenschaften

Hurra! man muss gar nicht alles selber machen, man muss nur wissen, wo man suchen soll. Folgende Mitteilung schneite mir heute ins Haus:

"Seit Anfang März kooperiert der Perlentaucher mit dem "Jahr der
Geisteswissenschaften". Für die Website "ABC der Menschheit" erstellt die
Redaktion eine wöchentliche Presseschau zu geisteswissenschaftlichen Themen
in der deutschsprachigen Tagespresse. Auch die Webseiten öffentlich-rechtlicher Radiosender werden ausgewertet. Der Newsletter soll sowohl über geisteswissenschaftliche Inhalte als auch über Kongressberichte und Debatten informieren. Er verweist in erster Linie auf Inhalte, die auch online zugänglich sind. Die Presseschau können Sie hier lesen. Sie erscheint immer dienstags."

So vermeldet die Perlentaucher-Redaktion hier. Und tatsächlich hat sie wieder einmal wunderbare Perlen ertaucht. Besonders Volker Gerhardt sprach mir im Merkur aus der Seele :

"Warum hat man nicht das Jahr der Germanistik, der Kunstgeschichte, der
Theologie oder das der Klassischen Philologie proklamiert? Warum hat man den
Philologien oder den Geschichtswissenschaften keine separate Auszeichnung
gewährt? Sind sie nicht groß, reich und interessant genug, um sich neben einem
Fach wie der Physik oder neben den Geowissenschaften sehen lassen zu können? Das sind natürlich rhetorische Fragen. Die einzelnen Geisteswissenschaften scheinen
den Geschäftsträgern der Wissenschaft so wenig aufzufallen, daß man ihnen nur
noch im Kollektiv Aufmerksamkeit zu schenken vermag."

Warum aber lassen sich die Geisteswissenschaften so bereitwillig auf dieses Kollektiv ein? Für die sogenannten "Orchideenfächer" liegt es natürlich auf der Hand: Gemeinsam sind wir stärker, gemeinsam bildet man eine Lobby, gemeinsam können viele kleine Fächer eine große Fakultät bilden und damit auch (Verwaltungs-)Kosten sparen.

Allerdings besteht immer die Gefahr, dass die einzelne Disziplin im Kollektiv nicht mehr wahrgenommen wird, oder gar an an Schärfe verliert (hiervor muss man sich auch bei all der Inter-, Trans-, und Meta-Disziplinaritäts-Rhetorik hüten). Ein Fach wie Geschichte hat nun einmal ein völlig anderes Forschungsfeld, Methoden und Fragestellungen als selbst die verwandt klingende Kunstgeschichte, von den Sprachwissenschaften ganz zu schweigen. In einer Debatte, die nach Schlagzeilentauglichkeit geführt wird, läßt sich dieser Spagat kaum durchführen. Und zweckfrei forschen wollen sie alle. Dass zweckfrei aber in unserer durchökonomisierten Gesellschaft für nutzlos gehalten wird, eint auch die unterschiedlichsten geisteswissenschaftlichen Fächer - und auch die Sozial- und Kulturwissenschaften.

Donnerstag, 5. April 2007

Frohe Ostern

Die Sophisten und die Pfaffen
Stritten sich mit viel Geschrei:
Was hat Gott zuerst erschaffen,
Wohl die Henne? Wohl das Ei?
Wäre das so schwer zu lösen?
Erstlich ward ein Ei erdacht:
Doch weil noch kein Huhn gewesen,
„Schatz, so hat's der Has' gebracht”.
Eduard Mörike

Zum Glück gibt es jetzt schon Hühner. Sonst fiele Ostern dieses Jahr wohl aus. Kein Wunder, dass der EU-Umweltkomissar Dimas eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deuteschen Straßen fordert.

Mittwoch, 4. April 2007

was macht Ihr denn so über Ostern?

Nach der endlosen Reiserei in den letzten drei Wochen habe ich wenig Lust, mich hier fort zu bewegen. Da aber alle/viele/die meisten meiner Freunde über die Feiertage die Stadt verlassen, wird wohl nichts mit gemütlichem gemeinschaftlichem Eiersuchen im Park. Mein Ostern werde ich dementsprechend wohl am Schreibtisch verbringen - aber da bin ich ja offenbar nicht die Einzige...



Und es gibt ja auch wahrlich genug zu tun!