Freitag, 12. Oktober 2007

Viel Feind viel Ehr. Erneute Debatte um Bundeswehrehrenmal.

Die Debatte um ein zentrales Bundeswehrehrenmal für die gefallenen SoldatInnen der Deutschen Bundeswehr ist in ein neues Stadium getreten. Anfangs ging es ja noch vor allem darum, ob es überhaupt gebaut werden soll, doch seit Verteidigungsminister Jung dafür gewonnen werden konnte (17.Februar 2006), schreitet die Sache voran.
Wie üblich gab es einen Wettbewerb, und einen Preis, und nun geht man davon aus, dass Berlin bald ein nationales Denkmal für alle Angehörigen der Bundeswehr errichten kann und wird.
Eine öffentliche Debatte gab es nicht.
Dagegen formiert sich jetzt Widerstand. Nicht gegen das Projekt an sich, wohl aber gegen die Art der Ausführung. Der Ulmer Verein (Verband für Kunst und Kulturwissenschaften e. V.) hielt am 22. September eine Tagung ab, bei dem die Entwürfe diskutiert wurden und in einen historischen Kontext nationaler Gedenkkultur eingeordnet wurden. Das Ergebnis veröffentlichten sie gestern in einem offenen Brief an Frau Merkel und Herrn Jung - sie fordern den sofortigen Baustopp (Baubeginn geplant für den 18. November, Volkstrauertag) und ein Debatte über Form und inhaltliche Aussage des Monuments. Und zwar unter Beteiligung von Experten, Historikern und Kunsthistorikern, denn:
"Eine Übernahme der Bildformeln des nationalen Totenkults, der Kriegerdenkmäler aus dem 19. und 20. Jahrhundert, halten wir für nicht akzeptabel. Wir lehnen jede sakrale Überhöhung des Soldatentods ab –besonders dann, wenn sie im Namen demokratischer Werte erfolgt. Und genau dies tut der zur Verwirklichung ausgewählte Entwurf von Prof. Andreas Meck, der mit Raumschale, Cella und Steinaltar unverkennbar die Formen der "Neuen Wache" übernimmt und damit die Heiligung und Belohnung des Soldatentods durch den Aufstieg zum Licht über dem Altar des Vaterlandes impliziert."
Unterschrieben bisher von über 120 KunsthistorikerInnen und HistorikerInnen.

Auch von mir. Die Angehörigen der Bundeswehr wählen ihren Beruf nicht aus preußisch-militärischem Ehrgefühl oder gar in dem diffusen Wunsch, den Heldentod fürs Vaterland zu sterben - warum also sollten wir sie mit einem Denkmal ehren, das genau dies vorspiegelt? Sie riskieren ihr Leben, weil sie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung verteidigen wollen. In der bittersten Konsequenz verlieren sie es dabei. Dadurch dass wir ihnen (und den Hinterbliebenen) eine Märtyrerpalme überreichen, wird kein einziger der Gefallenen wieder lebendig. Wenn wir den Toten Bundeswehrangehörigen wirklich Respekt zollen wollen, dann sollten wir dies zumindest in einem Rahmen tun, der ihrem Auftrag und Anliegen gerecht wird. Die Grundwerte, für die sie kämpften, unterscheidet sie von den Angehörigen früherer deutscher Armeen. Das Mahnmal zu ihren Ehren sollte das auch tun.

Der komplette Brief: http://www.ulmer-verein.de/
Der Entwurf des Siegerdenkmals: http://www.meck-architekten.de/p-ber-b1.htm
Eine ausführliche Dokumentation der Debatte und der Pressereaktionen: http://www.gjanzing.de/bundeswehr_ehrenmal.htm

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