Habe ich aber nicht.
Aber ganz ohne Belletristik ging es natürlich nicht: Lis Künzli hat eine hübsche Anthologie zum Thema Bahnhöfe geschrieben: Bahnhöfe. Ein literarischer Reisebegleiter. Gut zusammengestellte Exzerpte bekannter und weniger bekannter Literatur, mit einer kurzen Einführung in den Kontext und genauer Angabe, wie man den Rest des Buches finden kann, sollte man auf den Geschmack gekommen sein. Natürlich geht es nicht um Bahnhöfe - sie dienen nur als Kulisse - sondern um die Menschen, die sich darin bewegen. Neugierig auf mehr macht es allemal.
Und eine Ausnahme gab es natürlich: der Hinweis auf W. G. Sebalds Meisterstück Austerlitz. Die ausführliche Bauanalyse des Antwerpener Hauptbahnhofs bei der ersten Begegnung des Erzählers mit dem Protagonisten war mir natürlich schon bekannt - jetzt habe ich mir den Roman aber doch auch noch einmal gekauft. Ein dichter Text, mit langen Sätzen und fast ohne Absätze, und trotz oder wegen der altmodischen Prosa eigentümlich fesselnd. Schönes Buch.
Neugierig gemacht durch eine Vorschau im Kino habe ich mir von Philip Pullman die Dark-Materials-Trilogie gekauft: Der Goldene Kompass soll Weihnachten ins Kino kommen. Ob Das Magische Messer (the subtle knife) und Das Bernstein-Teleskop (the amber spyglass) auch noch verfilmt werden sollen, weiss ich nicht - aber irgendwie kann ich es mir kaum vorstellen. Nicht wegen der Geschichte, keineswegs: die Charaktere sind liebenswert und gut gezeichnet, die Handlung ist spannend erzählt bis zuletzt. Aber im ersten Teil ist eben auch noch nicht absehbar wie häretisch, ja blasphemisch sich die Geschichte entwickelt, und zwar in der Tradition von William Blake und Milton's Paradise Lost - lieber ein Fürst in der Hölle als ein Sklave im Himmel. Diese Tradition zu Ende zu denken, mit moderner Quantentheorie und Teilchenphysik zu verbinden und die Ergebnisse in einer Hollywood-Produktion weltweit unters Volk zu bringen, kann meiner Meinung nach nicht im Sinne des amerikanischen Bible-Belt sein... Es wundert daher nicht, dass der Autor Engländer ist. Ein sehr empfehlenswertes Buch ist es allemal!
Ach ja. Die Non-Fiction für diesen Monat bestand aus Richard Slotkin's Klassiker Regeneration through Violence, in dem er die Mythologie der amerikanischen Frontier analysiert. Und weil es so interessant war habe ich eben deutlich mehr gelesen, als die drei für meine Diss relevanten Kapitel. Mit dem Ergebnis, dass ich jetzt das dringende Bedürfnis habe, alle von J. F. Cooper's Lederstrumpf-Romanen zu lesen. Das hat man dann davon.
Und dann ist mir noch Andrew M. Butler's Pocket Essential mit einer Zusammenfassung aller Bücher von Pratchett in die Finger gefallen - ein netter Überblick für Fans, mit kurzen Zusammenfassungen aller Bücher und einer -ausdrücklich subjektiven - Bewertung. Wer's braucht... dann doch lieber die Originale. Diesen Monat musste ich dringend noch einmal Hogfather lesen - nicht weil es Weihnachten gewesen wäre, sondern weil ich den enormen Fehler gemacht hatte, mir den Film anzuschauen,der letztes Jahr Weihnachten auf SkyOne lief. Bei aller Nähe zum Buch und aller Liebe zum Detail, und obwohl der Meister selbst in einer kleinen Rolle zu sehen ist - das konnte nur schiefgehen. Da braucht es einen großen Regisseur mit einer Vision. Tim Burton hätte ich das zugetraut. Ansonsten: Finger weg vom Film! Selber lesen - und verstehen, warum Kinder all die kleinen Lügen über die Existenz von Weihnachtsmann, Zahnfee, Soul Cake Duck und dem Oh-god-of-hangovers brauchen...
Dieser Artikel ist ein Update zu: Bücher sind Lebensmittel. Juli.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen