Mittwoch, 11. April 2007

Perlentaucher im Jahr der Geisteswissenschaften

Hurra! man muss gar nicht alles selber machen, man muss nur wissen, wo man suchen soll. Folgende Mitteilung schneite mir heute ins Haus:

"Seit Anfang März kooperiert der Perlentaucher mit dem "Jahr der
Geisteswissenschaften". Für die Website "ABC der Menschheit" erstellt die
Redaktion eine wöchentliche Presseschau zu geisteswissenschaftlichen Themen
in der deutschsprachigen Tagespresse. Auch die Webseiten öffentlich-rechtlicher Radiosender werden ausgewertet. Der Newsletter soll sowohl über geisteswissenschaftliche Inhalte als auch über Kongressberichte und Debatten informieren. Er verweist in erster Linie auf Inhalte, die auch online zugänglich sind. Die Presseschau können Sie hier lesen. Sie erscheint immer dienstags."

So vermeldet die Perlentaucher-Redaktion hier. Und tatsächlich hat sie wieder einmal wunderbare Perlen ertaucht. Besonders Volker Gerhardt sprach mir im Merkur aus der Seele :

"Warum hat man nicht das Jahr der Germanistik, der Kunstgeschichte, der
Theologie oder das der Klassischen Philologie proklamiert? Warum hat man den
Philologien oder den Geschichtswissenschaften keine separate Auszeichnung
gewährt? Sind sie nicht groß, reich und interessant genug, um sich neben einem
Fach wie der Physik oder neben den Geowissenschaften sehen lassen zu können? Das sind natürlich rhetorische Fragen. Die einzelnen Geisteswissenschaften scheinen
den Geschäftsträgern der Wissenschaft so wenig aufzufallen, daß man ihnen nur
noch im Kollektiv Aufmerksamkeit zu schenken vermag."

Warum aber lassen sich die Geisteswissenschaften so bereitwillig auf dieses Kollektiv ein? Für die sogenannten "Orchideenfächer" liegt es natürlich auf der Hand: Gemeinsam sind wir stärker, gemeinsam bildet man eine Lobby, gemeinsam können viele kleine Fächer eine große Fakultät bilden und damit auch (Verwaltungs-)Kosten sparen.

Allerdings besteht immer die Gefahr, dass die einzelne Disziplin im Kollektiv nicht mehr wahrgenommen wird, oder gar an an Schärfe verliert (hiervor muss man sich auch bei all der Inter-, Trans-, und Meta-Disziplinaritäts-Rhetorik hüten). Ein Fach wie Geschichte hat nun einmal ein völlig anderes Forschungsfeld, Methoden und Fragestellungen als selbst die verwandt klingende Kunstgeschichte, von den Sprachwissenschaften ganz zu schweigen. In einer Debatte, die nach Schlagzeilentauglichkeit geführt wird, läßt sich dieser Spagat kaum durchführen. Und zweckfrei forschen wollen sie alle. Dass zweckfrei aber in unserer durchökonomisierten Gesellschaft für nutzlos gehalten wird, eint auch die unterschiedlichsten geisteswissenschaftlichen Fächer - und auch die Sozial- und Kulturwissenschaften.

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