Montag, 17. Januar 2011

Das verflixte Siebte Jahr.

Volle Sechs Jahre sind vergangen, und die Doktorarbeit ist immer noch nicht fertig.
(Mal abgesehen von den Vorbereitungen, wie Themensuche, Betreuersuche, Exposé schreiben etc, dann könnte man noch einmal 18 Monate draufschlagen.)

Challenges. I expected times like this - but I never thought
they'd be so bad, so long, and so frequent.

Zuerst lief alles ganz gut. Dem Exposé lag ein Zeitplan bei, ausgerichtet auf drei Jahre. (Natürlich frei erfunden.) Am 1. Januar 2005 habe ich in Berlin mein Stipendium im Graduiertenkolleg angetreten. Wie es auslief, ohne dass die Arbeit fertig war, wie ich seit nunmehr fast drei Jahren "nebenher" an der Universität Lüneburg arbeite - oder vielmehr: arbeite, und nebenher die Diss schreibe, das habt Ihr in diesem Blog immer wieder mitverfolgen können.


In letzter Zeit stand hier nicht mehr sehr viel über neue Fortschritte. Genau genommen stand hier überhaupt nicht mehr viel. Im März hatte ich ein (sehr langwieriges, komplexes) Kapitel eingereicht. Im Mai habe ich mich ans nächste Kapitel gemacht. Dann kam wieder der Job dazwischen. Im August wollte ich -während meines Urlaubs - mit der relevanten Literatur weiterkommen, hatte aber im Juli soviel berruflich zu tun, dass ich die zu sichtenden Bücher weder recherchiert noch bestellt hatte. Seit September liegen mir einige Aufsätze vor, und seit September ruht auch die Arbeit an der Diss - ein sehr wichtiges anderes Projekt war mir in meiner "Freizeit" dazwischengekommen.

Do it later. The Early Worm is for the Birds.
Das ist nun aber alles vorbei und für das neue Jahr habe ich nur einen wirklichen Vorsatz:
Fertig werden!

Fertig werden ist ein Wert an sich, und er ist deutlich wichtiger und höher zu bewerten als die Qualität der wissenschaftlichen Prosa, die Breite und Repräsentativität (?) der Feldstudien, ja sogar wichtiger als die Tiefe der analytischen Untersuchung.
Denn nur wer fertig wird - und sei es mit einem verachtenswerten "rite" - wird geprüft, und darf seinen Titel führen. Wer nicht fertig wird, ist nichts und wird auch nichts (in der Wissenschaft). Macht nichts?


 Nee, macht an sich nichts - die Wissenschaft ist ohnehin ein korruptes sehr spezielles Berufsfeld (aber auch toll, natürlich). In jedem anderen Beruf (inklusive Hausfrau und Mutter) fragt niemand nach Note oder Inhalt der Doktorarbeit. Nie.

Die Frage ist jetzt natürlich: wie wird man fertig? Wie immer: jede große Reise beginnt mit einem kleinen Schritt. In diesem Fall: drei Schritten:
  • Schritt Eins
habe ich schon erledigt, in den letzten Wochen und Monaten: ich habe mich mit Verstand UND Herz (schwieriger) von meinem ursprünglichen Konzept verabschiedet. Zu viel, zu komplex, zu umfangreich, zu viele Vergleichstudien. Das schaffe ich nicht, und ich MUSS das auch gar nicht schaffen -- denn vieles was ich sagen möchte ist schon nach einer Analyse gezeigt, Vergleiche wären nur "mehr vom Selben, bloß anders"... interessant, aber nicht wichtig.

ist schon schwieriger: es geht darum, genügend Motivation und/oder externe Verpflichtung in Form von Deadlines, Kolloquien etc aufzubieten, um dem Endspurt durchhalten zu können.



Motivation. If a pretty poster and a cute saying are all it takes to motivate you,
you probably have a very easy job. The kind robots will be doing soon.
 

Hier bin ich auf einem guten Weg: schon in einer Woche muss ich im Doktoranden-Kolloquium des geschätzten Betreuers präsentieren (zuletzt war ich da im November 2007...) Was ich da erzählen soll? Keine Ahnung! Aber dafür sind Deadlines ja gut. Im März ist außerdem Kunsthysterikertag in Würzburg. Da gibt's zwar auch nichts zu meinem Thema, aber schon beim letzten Mal in Marburg hat der halbe Tag Forschungsluft ordentlich Schwung in die Sache gebracht. Außerdem kann man da Freunde treffen und Strategien aushecken. Und natürlich mit Verlagen anbandeln... Bis März bin ich also versorgt.
  • Schritt Drei
hängt mit Zwei zusammen - denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - und zwar geht es um ausreichend Zeit UND AUCH Kraft/Energie. Hier habe ich die bedrückende Erfahrung gemacht, dass ich neben meinem Beruf die Dissertation oft - zu oft - hinten angestellt habe.
Das eine wird bezahlt, das andere nicht;
Get to Work. You aren't being paid to believe in the power of your dreams.

beim einen bin ich Kollegen (und Studierendem und einem Semesterzeitplan) verpflichtet, beim anderen nur mir selbst... Nach einer durchschnittlichen 28 h/Woche, in drei Wochentagen absolviert, brauche ich sowohl den jeweiligen Feierabend als auch mein Wochenende zur Regeneration, und an den eigentlich freien Tagen prüfe ich dennoch die E-Mails, beantworte Fragen und betreue Lehrende und TutorInnen - da gehen oft mehrere Stunden für drauf. Problem: die Arbeit macht mir ja Spaß, und der "Nutzen" ist sofort sichtbar - im persönlichen Kontakt, und auch in Form taktiler Beweise (Briefe, Aktenordner, interne Publikationen). Das ist viel befriedigender als ein Doktortitel in weiter Ferne...

 Zu dieser Form des Multi-Taskings (zwei parallele Jobs plus Privatleben) tauge ich offenbar nur bedingt. Allerdings läuft demnächst der zweite Zeitvertrag aus, aber die nächste "Karrierestufe" bleibt mir ohne die Diss versperrt. Will ich beruflich weiterkommen (egal wo, egal was), so muss ich fertig werden, und zwar bald, soviel ist klar.


vision, determination, and an endless supply of expendable labor.


Ob mein Zeitmanagement in diesem Jahr, ohne besagtes persönliches Großprojekt aus 2010, nun besser wird, sehe ich dann ab übermorgen - denn da geht's ja wieder los. Wird die Motivation aus Schritt Zwei reichen?

Inspiration. Genius is 1 percent inspiration and 99% perspiration,
Jetzt werde ich sie jedenfalls erst einmal in meine Präsentation für nächste Woche umlenken. Ich versuche mich gerade an einer To-Do-Mindmap mit Prezi... Gambarimas!

Links:
alle Bilder: http://www.despair.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Promotion_(Doktor)#Deutschland
http://www.kunsthistoriker.org/1166.html

Über Planungen für  meine Diss wahrscheinlich hier (oha!): Feinschliff. Kapitel 5 und auch sonst.
Über Prezi hier: PowerPoint ist tot - Es lebe Prezi? Einige Überlegungen für und wider.
Über gute Vorsätze zuletzt hier: Lauter gute Vorsätze.
Über Berufsaussichten in der Wissenschaft  zuletzt hier: Templiner Manifest - hier lang zur Unterschrift.
Über den Deutschen Kunsthistorikertag hier: Kanon ist, wenn alle dasselbe singen nur nicht gleichzeitig.

3 Kommentare:

Cati Basmati hat gesagt…

Ich drück Dir die Daumen, dass es so klappt wie Du es Dir vorstellst!

tientje hat gesagt…

Ich bin leider noch eine ganze Ecke hinterher. Ich hab im 2. Studiensemester angefangen in einem Krankenhaus als Aushilfe in der Verwaltung zu arbeiten - mittlerweile arbeite ich eine 75%Stelle und bin stellv. Leitung einer kleinen 10Mann-Abteilung. Was hat das mit meinem Studium zu tun? Gar nix. Irgenwo muss die Kohle aber herkommen - deswegen komm ich nicht mal dazu die Magisterarbeit zu schreiben. Weil ich so genau weiß wovon Du da erzählst, schließe ich mich meiner Vorrednerin an. Ich Drück Dir ganz fest die Daumen.

Bleistifterin hat gesagt…

Cati Basmati: Danke!
Und Tientje: manchmal hilft nur der Ausstieg (auf Zeit), um fertig zu werden und dann endlich weiterzukommen. Wenn sonst keiner da ist (Eltern, Bafög) gibt es vielleicht Abschlusstipendien oder Studienkredite. Hast Du das schon einmal überlegt bzw. geprüft?
Oder bist du vielleicht schon da, wo du hin möchtest?