Dienstag, 27. Oktober 2009

Slow Art. Ein neuer Trend im Museum.

Das Smithsonian American Art Museum führt unter dem Namen "Eye Level" ein nettes Blog über die Aktivitäten des Museums. Ausstellungen, Vorträge, "Events", aber auch erfrischend persönliche Einblicke in die Sammlung, wenn eine/r der Kurator(inn)en / Blogbeiträger(innen) ein geliebtes Werk kurz vorstellt.

Nun feiern sie am Smithsonian einen neuen "Trend": Slow Art at American Art war der Blogpost betitelt, der das Konzept vorstellt.
"At Slow Art meetups, a group of people come together and spend quality time looking at art. Afterward, they meet over lunch to talk about what they've seen and how they feel about the works."
schreibt "Jeff", und war von dem Konzept fasziniert. Im Oktober haben schon 16 Museen auf der ganzen Welt mitgemacht, und am 17. Oktober war auch das Luce Foundation Center am Smithsonian mit dabei! Es gibt sogar schon eine Slow-Art facebook-Gruppe - dieser weltweite Trend ist ganz vorn mit dabei!
Wahnsinn!

Oder doch eher traurig?
Man geht ins Museum, um "Qualitätszeit" mit Kunst zu verbringen. Man schaut sich ein oder zwei Bilder länger als zehn Minuten ganz genau an. Und dann - jetzt kommt's - dann trifft man sich mit Gleichgesinnten und redet über das Kunstwerk!
Äh.
Ich muss ein Trendsetter sein. So habe ich das immer schon gemacht.
Diskussion nach Slow Art Event: Foto von http://eyelevel.si.edu/2009/10/picture-this-talking-about-slow-art.html

Andererseits bin ich natürlich beruflich vorgeschädigt: als Kunsthysterikerin lernt man natürlich, so und nicht anders an Kunst heranzugehen (obwohl ich das auch vor dem Studium getan habe, und seither eher noch seltener tu. Fragt man meine Freunde, so gehe ich nicht alle Nase lang ins Museum oder bin der klassische Ausstellungstourist). Ich mag Museen, die ich gut kenne, weil dort die Reizüberflutung (alles neu!) nicht so hoch ist, und man daher mehr Zeit für alte Bekannte hat. Ein bisschen wie meine Präferenz für kleine Dinner-Parties gegenüber großen Festen (z. B. Hochzeiten) wo man alle sieht aber mit keinem sprechen kann. Und natürlich habe ich in meinem Freundeskreis kunstinteressierte Menschen, mit denen ich gemeinsam ins Museum gehen kann - das bringt so ein Studium mit sich, wobei ich durchaus häufig und fast lieber mit nicht-Kommiliton(inn)en Ausstellungen besuche. Da wirke ich schlauer!

Wahrscheinlich haben die meisten "normalen" Menschen (heute nicht mehr) die Zeit oder Muße, regelmäßig ein Museum zu besuchen und sich dort mit altbekannten Bildern auf ein Rendezvous zu treffen. Oder mit altbekannten Freunden über genau diese altbekannten Bilder zu sprechen. Zum einen sind dafür die Eintrittspreise viel zu gesalzen. Zum anderen haben die Museen selbst mit ihrer Event-Kultur (Sonderausstellungen mit Großen Namen, Lange Nacht der Museen - hah!) diese stille Begegnung immer schwieriger gestaltet. Aber die echten Museumsfreunde, die mit den Jahreskarten - für die ist der angebliche "Trend" Slow Art schon immer das normale Vorgehen gewesen. (Das zeigt auch die fast gleichnamige Ausstellung in Düsseldorf aus dem Jahre 2005, die dennoch nicht dazu gehört!)
Und das erklärt auch, warum weltweit nur 16 Museen bei diesem "Trend" mitgemacht haben.

Laut diesem Blogpost war das Event übrigens sehr erfolgreich, und wird am 17. April 2010 wiederholt.


Links:
http://americanart.si.edu/
http://eyelevel.si.edu/
http://eyelevel.si.edu/2009/10/slow-art.html
http://www.facebook.com/SlowArt?ref=ts
http://www.art-in.de/incmeldung.php?id=936&-slow-art-Duesseldorf
http://eyelevel.si.edu/2009/10/picture-this-talking-about-slow-art.html

Dieser Beitrag greift die Kritik an Facebook aus Im Netzwerk des Internets. auf und empfiehlt eine Ausstellung (jede Ausstellung) wie Karl May. In Museum und Buchhandel. Und was sagt der Automat?

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