Als Kind hatte ich eigentlich keine Freunde. Ich hatte Bücher.
Als Teenager hatte ich immerhin schon Brieffreunde.
Heute lese ich immer noch viel, aber es fällt mir nicht mehr schwer, auf Menschen zuzugehen. Ich lerne leicht Leute kennen, weiß eine Unzahl unverfänglicher Small-Talk and Deep-Talk-Themen zu bereden (habe schließlich viele Bücher gelesen seit meiner Kindheit!) und interessiere mich in ausreichendem Maße für alle drei wichtigen Gesprächsthemen (Ideen, Dinge, Menschen), um mit (fast) jedem irgendetwas bereden zu können. Das klappt nicht immer, aber oft. Und ich merke mir viele dieser Menschen sogar.
Man könnte sagen: Ich bin ein Netzwerker.
Dennoch - oder deshalb? - habe ich mich von Anfang an gegen internetbasierte Netzwerkverwaltungsprogramme gewehrt. Schließlich habe ich doch Freunde, oder? und ich halte doch den Kontakt, oder? und habe ich es wirklich nötig/wirklich Zeit und Muße, mein eigenes Profil mühsam zu kreiiren, ins Netz zu stellen und dann zu pflegen? Woher soll ich denn wissen, wer ich bin (und wenn ja, wieviele?)(haha: ein Bücherwurm- vergessen?)
Eine erste Einladung zum (damals noch) OpenBC aus dem Jahr 2001 - abgelehnt. Seit 2005 bin ich allerdings doch dabei, habe die Konvertierung zu XING mitgemacht, und mag es sehr. Alle aktualisieren brav ihre Kontaktdaten, meine Privatsphäre ist geschützt, und niemand belästigt mich mit Stupsern oder Gruscheln.
Apropos Gruscheln: Für SchülerVZ bin ich definitiv zu alt, und bereits als StudiVZ groß wurde, fühlte ich mich schon nicht mehr als Studentin - und was soll man da außer merkwürdig benamsten Gruppen beitreten? die eigenen KommilitonInnen trifft man doch immer noch am besten im Seminar/auf dem Campus/in der Mensa...
(Ihr merkt schon, ich war nicht auf einer dieser Massenuniversitäten!)
ASW hat mich eine Zeitlang interessiert, aber eigentlich nur wegen des exklusiven Charakters - seit ich drin bin (eingeladen 2006, glaube ich), finde ich es eigentlich nur undenkbar langweilig und öde. Ich bleibe nur Mitglied, weil die privaten Städtetipps etc so nett sind.
MySpace - dort hatte ich bis gestern ein ungenutztes Profil, das ich einmal mehr aus Versehen angelegt habe, weil ich glaubte, das sei notwendig, um die Blogs einiger Freunde zu lesen. Ist es aber nicht. Und die Freunde posten nicht (oder nicht sehr regelmäßig), und überhaupt ist mir das alles zu musiklastig.
Und dann ist da FACEBOOK: der König, der Marktführer, der Erfinder des Social Networkings. Geschwister, Verwandte, Freunde, Kollegen, und vor allem all die Leute aus Übersee, so hieß es, seien bereits dort. Kontakte zu halten, zu pflegen, beiläufig an ihrem Leben teilzuhaben: einfach wie nie! Andererseits: da waren auch all diese Panschereien mit dem Datenschutz, schlimme Geschichten über soziale Skandale, weil jemand sein Profil von single auf verlobt oder umgekehrt gestellt hat ... will man das?
Bisher wollte ich das nicht.
Dann kamen die Einladungen.
Nach der fünften Einladung von verschiedenen Personen innert einer Woche bin ich weich geworden. Gestern habe ich mich angemeldet. Und meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr: Hat doch diese Teufelsmaschine mein gesamtes Adressbuch angeschrieben und behauptet, ich hätte Fotos eingestellt, die ich teilen möchte - das wüsste ich aber! Soweit ich das verfolgen konnte, habe ich nur zugestimmt, dass die 17 Menschen, die ohnehin schon einen f-Account hatten, über meinen Beitritt informiert werden, sonst nischt. Wenn also der Fehler wahrscheinlich auch bei mir liegt, so ist die Teufelssoftware doch so angelegt, dass es einfacher ist, diesen Fehler zu machen als ihn zu vermeiden.
Und das ist Absicht, unterstelle ich mal, denn fünf Minuten nach der letzten Einladung durch D. (und drei Minuten nach meinem Beitritt) wurde ich von D. selbst darüber informiert, dass ihre Einladung an mich ebenfalls "aus Versehen" zustande gekommen sei. Wahrscheinlich liegt nur hierin der große Erfolg des Unternehmens: manipulative Buttons, durch deren versehentliches Anklicken hunderte hilfloser Menschen angespämmt werden, die dann aus reiner Dankbarkeit, das jemand mit ihnen in aller Öffentlichkeit befreundet sein möchte, mitspielen. Wenn nur 10% mitmachen, ist das Prinzip erfolgreich.
Und das mieseste ist: Wenn man auf diese Weise erst einmal eingesogen wurde, sind wirklich schon alle da. Und man kann wieder nach Japan oder USA winken, als sei es um die Ecke. Und dann bleibt man eben auch da.
Erstmal.
Links:
http://www.gutefrage.net/frage/gruscheln-was-ist-gruscheln-auf-studivz-net-kann-man-personen-gruscheln
http://www.endlosrekursion.de/114/die-witzigsten-gruppennamen-im-studivz-2/
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/Telekommunikation-Internet-Datenschutz-Facebook;art1117,2732836
Frühstück bei Stefanie: Vorlesetag
vor 1 Stunde
2 Kommentare:
Habe dich gerade gesucht auf facebook - und nicht gefunden, hmmmm
Ich hab dich!
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