Dienstag, 11. Dezember 2007

Die Spielregeln. 1:0 für Luhmann.

Als ich das erste Mal in Amerika war, hat man uns Austauschstudentinnen sofort zu einem Seminar über Date Rape eingeladen. Cool, haben wir gedacht, hier am College können wir viel mehr lernen als gedacht. Die Austauschjungs wollten auch mit, durften aber nicht. Klar war bald, es gibt Regeln für alles: nach dem ersten Date muss ein Kuss erfolgen, sonst gibt es kein zweites, spätestens beim dritten Date muss etwas passieren, sonst war's keins, und ohne vorher zu fragen darf man niemandem in die Augen schauen. Oder ein Kompliment machen. Fahrstuhl fahren zu zweit sollte man tunlichst auch unterlassen. Für uns Austauschstudenten hilfreiche Tipps - da hat man was in der Hand, woran man sich halten kann, und interkulturelle Probleme treten gar nicht erst auf. Aber befremdlich war es schon.
Hier in Deutschland ist das alles ja doch auch immer noch viel schwieriger. (Noch, denn laut Spiegel online ist demnächst illegal, auch nur den Mittelteil der Bravo zu lesen...) In mühsamer Feld-, Wald- und Wiesenforschung beobachtet man hier das Werbeverhalten von Freunden und Fremden, gleicht es ab mit den im Fernsehen projizierten Idealtypen und unterfüttert die Ergebnisse mit einschlägigen Referenzen aus der Literaturgeschichte. Nur um dann festzustellen, dass Niklas Luhmann wahrscheinlich recht hatte und alles jedes immer wieder und wieder neu ausgehandelt werden muss. Warum schreibt hier, im Land der Dichter, Denker und Gesetzestexter, niemand ein Regelbuch, so wie es der Brite Neil Strauss (mehrfach!) getan hat? Das könnten dann auch Frauen lesen, den Feind verstehen heißt sich wehren können! Ein Auszug:
"Day 1 [...] Don't worry about being a total loser. [...] Women want to be fooled into thinking you're not a jerk, every bit as much as you need them to believe it.
Day 8 Now that you've had a shower, bought some clothes that hide your excessive sweating and practised talking to shop mannequins without staring at their breasts, it's time to try out your skills on a real live woman. Your goal today is to say "hello" to five different women without getting arrested.
Day 17 [...] there is no such thing as rejection. Only feedback. In your case, almost certainly negative feedback. Bear in mind that women are very shallow and are only attracted to status. So rather than telling them you're unemployed, it's much better to pretend that you are a Premiership footballer. [...]
Day 24 Now that you have lied your way to getting a woman's telephone number, you need [...] to differentiate yourself a little more by establishing some kind of empathic rapport through your compelling conversation. This is not quite as difficult for sociopaths as it might sound. All you need is to read a copy of Cosmopolitan and ask feminine questions, such as, "When are you next having your moustache waxed?"
Day 30 [...] Now get her as pissed as possible, but be prepared to reframe the situation when she tells you to "get your hands off me, you filthy perv". What this actually means is that she wants you to snog her and tell her you love her. Once you've done this, you are free to grab her arse again."
Aha!
Wieder was gelernt.
Nur gut, dass ich studiert habe und offen intellektuell sein darf, denn wenn es nach mir geht, dann doch lieber Luhmann: "Verstehende Liebe ist kognitiv so strapaziös, dass es nahe liegt, sich ans Gefühl zu halten und dessen Instabilität in Kauf zu nehmen." Ja, nee, klar. Genau.

Zum Glück sehen das ja die wirklich wichtigen Leute auch alle so...

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