Studenten werden Professoren - die Kritikpunkte bleiben die gleichen...
Das hat natürlich auch gute Gründe und nachvollziehbare Ursachen: viele sind so ausgelastet mit Lehre, Nachwuchsbetreuung, Drittmittelacquise und Gremienarbeit, außerdem den allgemeinen Übeln ganz einfach nur "Chef" zu sein (SekretärInnen, Hilfskräfte, WiMis...), dass sie häufig genug gar nicht dazu kommen, den Teil ihrer Arbeit zu machen, für den allein sie ausgebildet wurden: die Forschung in ihrem eigenen Fachgebiet. (Die anderen, eben zueerst genannten Fähigkeiten eignet man sich unterwegs an... oder auch nicht. Es gehört aber in der Regel zum offiziellen Dünkel der Professorenschaft, evtl. professionelle Defizite in den Bereichen ihres Berufes, die NICHT mit ihrem Fachbereich zu tun haben, einfach abzustreiten. Man hat schließlich über Raffaels frühe Maltechnik habilitiert. Da kann man ja wohl auch einen DFG-Antrag ausfüllen oder ein interdisziplinäres Seminar abhalten. Obwohl - die gab's früher auch nicht, und geschadet hat das niemandem...) Und nun kommen noch all diese neuen Herausforderungen dazu: der Bologna-Prozess mit seiner Globalisierung, den höheren Ansprüchen an einen grundständige Lehre und einem völlig anderen Verständnis von akademischer Kultur (*Versuch wertfreier Formulierung*), dazu die Informationsgesellschaft mit völlig neuen und schnelleren Zugang zu Informationen vor allem dank Internet (es gibt immer noch Leute, die behaupten, das Internetquellen seien niemals unter keinen Umständen zitierfähig!).Und wie reagiert die wissenschaftliche Gemeinschaft? Ich befürchte, bis auf wenige Ausnahmen (es gibt natürlich auch ganze Disziplinen als Ausnahmen) reagiert sie gar nicht.
Oder bockig.
So hat es zumindest meine Mutter genannt, wenn ich mein "so sollte es meiner Meinung nach sein" dem "so ist es aber" nicht anpassen wollte. Sie verkriechen sich, sie bejammern, was früher besser war, sie sperren sich gegen Veränderungen, selbst wenn diese sie entlasten wollen. Zum Teil ist das berechtigt, denn jede Reform und jede Revolution droht, bewährtes zugunsten des schlicht Neuen auszutauschen - oft voreilig und unbedacht. Aber nach zwanzig Jahren Internet und fast 10 Jahren WEB 2.0 fragt man sich doch, wann die Potenziale endlich genutzt werden. Für die Lehre, ja, aber vor allem für die Forschung. Die steckt nämlich noch im WEB 1.0 fest - E-Mail-Listen, H-List-Server - nützliche Tools, aber nicht die Bestmöglichen.
David Smith, Historiker mit Schwerpunkt Frankreich, hat dies zurecht auf einer der größten Konferenzen zur franz. Historie beklagt. (Link zum Vortrag: PPP und Ton). (via arthistoricum)
Der Vortrag betont die ungeheure Wichtigkeit von Konferenzen für den persönlichen Austausch, das Netzwerken und die Diskussion unter Akademikern. Das bleibt sich unbenommen. Zugleich stellt er ausführlich dar, wie schwierig es ist, an diesen ungeheuer wichtigen Konferenzen teilzunehmen, weil die Reiseunterstützung bereits in den ökonomisch guten Jahren vor der momentanen Wirtschaftskrise in vielen Fällen gekürzt oder nicht den steigenden Kosten angepasst wurden. Und er fragt sich, ob man nicht endlich Konferenzen 2.0 einführen sollte: Papers im Vorfeld online publizieren, Kommentare ermöglichen, Blogposts mit Kommentaren ermöglichen etc.
Leider deutet er die Möglichkeiten nur an (der Großteil des Vortrags belegt die schwindende finanzielle Unterstützung mit Fakten. Gejammer?)
Leider hat man das Gefühl, dass all diese Techniken schon existieren. Natürlich ist das möglich (und natürlich wird die reale Konferenz immer ungleich wertvoller sein). Aber ich fürchte, die Umsetzung scheitert an den Protagonisten. Die sind nämlich, Verzeihung, zu alt (ich meine nicht das physische Alter), zu unflexibel, zu beschäftigt oder auch einfach nur: zu überfordert. Es ist wirklich ein Generationenproblem. Und wie soll man sich denn bei dem ganzen oben genannten Arbeitsaufwand auch noch an diesen Systemwechsel gewöhnen?
Man kann mit der Überforderung kokettieren - wie Frank Schirmmacher - oder man kann sich ihr stellen. Es gab und gibt ja Beispiele dafür, sogar innerhalb der Universitäten.
Oder man könnte tatsächlich mal die jungen Leute ranlassen, bevor sie selbst zu alt dafür sind. Oder ihnen die Innovation abgewöhnt wurde...
Aber die veränderten Anforderungen und Möglichkeiten weiterhin ignorieren und so tun, als gäbe es Web, Welt und Wissenschaft 2.0 nicht - das darf man nicht.
Schließlich ist man doch ganz vorn dabei...
Links:
http://blog.arthistoricum.net/scholarship-in-the-digital-age/
http://www.ux1.eiu.edu/~cfdks/SFHF_Conference_Presentation/SFHFConferancePresentation.html
http://www.sueddeutsche.de/kultur/509/494841/text/
Im weitesten Sinne verwandte Posts sind arthistoricum.net. Kunstgeschichte 2.0 und Internetbasiertes Lernen: Wikis im Unterricht
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