Donnerstag, 12. November 2009

Open Access. Hier unterschreiben.


Hubertus Kohle (LMU München) hat sich seit längerem als Befürworter von Open Access in der Wissenschaft geoutet. Viele seiner Beiträge im arthistoricum-Blog gehen in diese Richtung. Nun weist er auf eine Online Petition im Deutschen Bundestag hin, die dieses Anliegen ebenfalls unterstützt.

"Petition: Wissenschaft und Forschung - Kostenloser Erwerb wissenschaftlicher Publikationen vom 20.10.2009

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass wissenschaftliche Publikationen, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, allen Bürgern kostenfrei zugänglich sein müssen. Institutionen, die staatliche Forschungsgelder autonom verwalten, soll der Bundestag auffordern, entsprechende Vorschriften zu erlassen und die technischen Voraussetzungen zu schaffen.

Begründung

Die öffentliche Hand fördert Forschung und Entwicklung nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung jährlich mit etwa 12 Milliarden Euro. Die Ergebnisse dieser Forschung jedoch werden überwiegend in kostenpflichtigen Zeitschriften publiziert. Es ist nicht angemessen, dass der Steuerzahler für die von ihm finanzierten Forschungsergebnisse erneut bezahlen muss. Wegen der hohen Kosten und der Vielzahl wissenschaftlicher Zeitschriften sind Forschungsergebnisse nur in wenigen Bibliotheken einsehbar. Den meisten Bürgern ist der Zugang zu der von ihnen finanzierten Wissenschaft dadurch nicht nur erschwert, sondern de facto ganz verschlossen. Den Bürger von der Wissenschaft auszusperren ist nicht nur schädlich, sondern auch unnötig. Andere Länder haben vergleichbare Vorhaben bereits umgesetzt. Die US-Amerikanische Behörde National Institutes of Health (NIH) verlangt, dass alle von ihr finanzierten Publikationen binnen 12 Monaten an einem zentralen Ort öffentlich zugänglich sind. Die grundsätzliche Struktur des wissenschaftlichen Publikationswesen verändert sich hierdurch nicht."

Ob das juristisch einwandfrei formuliert ist, kann ich nicht sagen. Fakt ist ja leider, dass wir für viele Dinge doppelt bezahlen... so wird ja auch die Rente, die von versteuertem Geld eingezahlt wurde, nach Auszahlung erneut versteuert. Um nur einen Fall zu nennen. Ob das also als Gegenargument ausreicht?

Auch fühlen sich Verlage in ihrer Existenz bedroht. Allerdings heißt Open Access ja nicht, dass man bei Online-Zugriff keinerlei gedruckten Exemplare einer Zeitschrift mehr verkaufen kann - im Gegenteil. Auch mit einer "Schallmauer" hat man schon Erfahrungen gemacht - JSTOR zum Beispiel hat die neuesten Artikel nicht im Online-Portfolio. Diese Schallmauer schrumpft allerdings immer mehr zusammen.

Dann, heißt es, die Qualitätskontrolle des Peer-Review koste ja schließlich auch Geld und werde vom Verlag organisiert. Stimmt: organisiert. Dass die Reviewer Geld bekommen, ist mir aber neu. Angeblich tut mans aus Gründen wie Neugierde (schnellster Zugriff auf aktuelle Forschungsergebnisse), Eitelkeit (man wird ja schließlich als Experte auf einem Feld gesehen) oder weil man einen Gefallen schuldet... Vielleicht liege ich da aber falsch, wer weiß das schon so genau.

Fakt ist: (noch) werden die Universitäten, und da vor allem die Forschung, hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Die gleichen Universitäten gewinnen aber nichts außer Reputation, wenn aus diesen Forschungsergebnissen wirtschaftliche Gewinne gemacht werden. Publikationen? Daran verdienen die Verlage (mehr oder weniger gut). Patente? hält der Antragsteller. Start-ups? Die Uni verdient nichts. Im schlimmsten Fall bekommt die erfolgreiche Forscherin gar einen Ruf an eine "bessere" Uni mit noch besseren Bedingungen (i.d.R. weniger Lehrverpflichtung) und nimmt Ruhm und Ehre mit. Der Steuerzahler, der das alles bezahlt hat, muss genau wie die Uni (Zeitschriftenabonnements) für die Forschungsergebnisse zahlen. Neben der Einführung von nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführten Universitätsverlagen wäre daher die Einführung von Open Access eine ganz logische Folgerung, diese Mißstände zu lindern. Also: hier unterschreiben!

(Erstbesucher müssen sich erst registrieren: https://epetitionen.bundestag.de/index.php)

(Bei "Redaktionsschluss" waren wir schon 7994 von 10000 nötigen Unterstützern!)



Links:

http://de.wikipedia.org/wiki/Open_Access

http://blog.arthistoricum.net

http://blog.arthistoricum.net/open-acess-petition-im-deutschen-bundestag/

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=7922

https://epetitionen.bundestag.de/index.php

Bildquellen und interessante Artikel zum Thema:

http://weissbierundwissenschaft.files.wordpress.com/2009/04/oa.png

http://weissbierundwissenschaft.wordpress.com/2009/04/08/open-access-teil-3/

http://www.psyplexus.com/excl/images/oapillars.gif

http://www.psyplexus.com/excl/open_access.html

Weiteres bitte selber googlen!

Das letzte Mal habe ich über arthistoricum hier was gesagt: arthistoricum.net. Kunstgeschichte 2.0

Und was sagt der Elektro-Knecht?

2 Kommentare:

Bakerman hat gesagt…

Liebe Bleistifterin, leider muss ich etwas anmerken...: Ich mag diese Seite zwar nich besonders gerne, aber da steht jedenfalls, dass 50.000 Unterschriften nötig sind, damit die Petition überhaupt vor dem Petitionsausschuss öffentlich beraten wird...(auch nur im Regelfall): http://de.wikipedia.org/wiki/Petition#Deutschland

Was der Bundestag dazu sagt und wann er überhaupt was sagt und tut ist ne ganz andere Problematik...

Bleistifterin hat gesagt…

Ach Bakerman - wie schön, dass man aufmerksame Leser hat! aber vielleicht erhöht der kleine Irrtum ja auch die Bereitschaft, mitzumachen? ich lass es mal stehen...