Neulich im Bus zur Uni also diese Mädels. Wahrscheinlich Studierende, wahrscheinlich kurz vorm Abschluss - BA, nicht Master - nicht mehr so ganz grün hinter den Ohren, aber auch noch nicht sehr abgeklärt. Sie sprechen über Karrierechancen, demografische Entwicklung, Familienpolitik und Zukunftspläne. Und obwohl die Zeiten für hochqualifizierte junge Frauen schon mal deutlich schlechter standen, waren sie nicht sehr zuversichtlich. Fazit der einen: Frauen knüpfen halt keine Netzwerke, das ist ja bekannt. Da kommt man in der Karriereplanung eben nur bis zu einem gewissen Punkt, und dann nicht weiter...
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Ich habe das auch schon öfter gehört - Männer netzwerken, Frauen menscheln. Männer machen Karriere, Frauen die Wäsche. Ich habe es so oft gehört, dass ich es manchmal auch glauben möchte. Eine schöne einfache Erklärung für ein komplexes Phänomen.
Aber bei Licht betrachtet - bloß weil alle das "wissen", heißt ja nicht, dass es stimmt.
Frauen sind exzellente Netzwerkerinnen. Sie haben einen höhere Sozialkompetenz (so heißt es zumindest...:-D), sie haben eine höhere emotionale Intelligenz, sie sind emphatisch, sie kommunizieren statt zu dominieren etc pp. All diese Eigenschaften machen sie zumindest in der Theorie zu sehr guten und zuverlässigen Netzwerkerinnen.
Netzwerkerin |
Und auch in der Praxis - nehmen wir doch mal die klassische Mutter von kleineren Kindern, gerne berufstätig - und die Kita streikt. (Fast) jede dieser Mütter hat eine Mutter/ Schwester/ Freundin aus der Stillgruppe, die zumindest zeitweise einspringen kann. Da wird ein sehr komplexes Netz von Tauschgeschäften gewoben - ich hole Deine Lena heute mit ab, wenn meine Pia morgen mit zu dir kann; meine alte Babysachen gegen das zu kleine Fahrrad deines Ältesten für die Nichte meiner Nachbarin damit die mir .... etc. Ein dichtes Netz an Gefallen und Gegen-Gefallen, Abhängigkeiten und Zuständigkeiten, und alle Mütter sitzen mittendrin wie die Spinne Thekla und weben und knüpfen und denken oft mehrere Schritte um die Ecke und wenn sich dabei alle noch gut verstehen und Spaß haben, umso bessser. In den meisten Fällen funktionieren diese Netzwerke ganz hervorragend, und da werden auch so manche Kita-Mütter "mitgeschleppt" mit denen man sich ohne Kind vielleicht nicht (so eng) angefreundet hätte. Weil es nämlich notwendig ist, um den Alltag zu organisieren, Kind, Haushalt und Beruf (oder anderen Verpflichtungen) gerecht zu werden.
Und hier liegt wohl eher der eigentliche Unterschied zwischen "männlichen" und weiblichen Netzwerken: Männer netzwerken vor allem im und für den Job. Frauen netzwerken "privat" oder in ihrer Eigenschaft als "Famillienmanagerin" - aber nicht da, wo sie finanziell davon profitieren würden (sie profitieren, natürlich). Aber das gleiche Geschick in ein berufliches Netzwerk zu investieren wie in ein privates, das finden wir unartig, unmoralische, unfair, und benennen es mit negativen Begriffen wie Kader, Seilschaft, old boys...
Die Schere ist, wie so häufig, im Kopf. Leider.
Irgendwie sind wir's oft ja auch selbst schuld, wenn wir uns das Leben so schwer machen. Xing und Kaffeepausen stehen uns ja genauso zur Verfügung. Und ganz offensichtlich ist es nicht unmoralisch - gibt ja sogar Fortbildungen dazu! Aber das konnte ich den Mädels im Bus ja wohl kaum erklären - im Übrigen waren sie ja auch schon ausgestiegen...
("Echte" Mütter mögen mich korrigieren, mein obiges Beispiel beruht auf Beobachtung, nicht auf Erfahrung. Im Zweifel halte ich es allerdings für zutreffend, eher noch Untertreibung.)
Heute mal eigene Gedanken, keine Links.
Zuletzt mal so Gedanken gepostet: Si tacuisses...