Letzten Montag ist ja bekanntermaßen das langersehnte und hier schon öfter angekündigte Buch erschienen. Kathrin Passig und Sascha Lobo: "Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin".
Da ich gerade drei bis sieben schwere Bücher, teils in französischer Sprache, allesamt langersehnte Fernleihbestellungen mit einem Gesamtwert von zehn Euro fünfzig aus der Unibibliothek abgeholt hatte, Rückgabe spätestens 30.10., lag es nahe, "Dinge geregelt kriegen..." sofort zu kaufen und zuerst zu lesen.
Gesagt, getan. Obwohl ich ja das Lesen von Sachbüchern eigentlich ablehne und es vorziehe, in meiner Freizeit möglichst effiziente Realitätsflucht zu betreiben, habe ich das Buch ohne Abzusetzen durchgelesen. Einiges Vorwissen hat sich bestätigt, einiges habe ich neu dazugelernt. Beides lässt sich auf wenige Punkte zusammenfassen:
1.) S. 8-287
Passig und Lobo schreiben sehr unterhaltsam, ohne einem das Gefühl zu geben, unfundiert zu sein. Sie haben bloß die Fußnoten ausgegliedert und im Begleit-Blog publiziert. Das macht das Lesen erstmal angenehmer.
(bekanntes Vorwissen, da ich a) das Blog zum Buch b) andere Blogs der beiden schon länger lese)
2.) Teil III: Alltag, S. 133-192; bes. der Forderungskatalog auf S. 186-189, bes. Forderungen 5 und 18
Ich mag einiges Aufschieben in meinem Leben, zum Beispiel und vor allem die Kündigung einer unsäglich nutzlosen Domain bei 1&1, aber offenbar gibt es Abgründe der Prokrastination, dessen dunkelste Tiefen ich nur ahnen kann. Holla die Waldfee, nee: ich kriege eigentlich eine ganze Menge geregelt... Obwohl 1&1 es m. E. in bösartiger Absicht extra schwer bis unmöglich (nicht nur für LOBOs) macht, eine Kündigung durchzukriegen. Mehrere Anläufe sind bisher jeweils nach ungefähr 2/3 des Prozesses gescheitert, ein Prozess, der verlangt, Hotlines anzurufen, zugeschickte Links anzuklicken, Formulare auszufüllen, zu unterschreiben und an eine Faxnummer zu senden, die nicht funktioniert...
(irgendwie ein bisschen bekanntes Vorwissen in beruhigenderweise bestätigt)
3.) Teil IV - Abhilfe. Bes. der Abschnitt "Jetzt helfe ich mir nicht mehr selbst: Outsourcing", S.212-225
Ich werde meinen Freund bitten, sich den gehörnten, dreischwänzigen, schwefelriechenden o. g. Internet-Anbieter vorzuknöpfen. Dafür kündige ich seinen Telefonanschluss (ja, das will er schon länger tun).
(neu gelernt, auch wenn es wie fast alle einfachen Lösungen irgendwie total banal ist.)
4. ) Teil II - Arbeit. Besonders der Abschnitt "Der innere Zwingli: vom Arbeitsethos", S. 57-64
Am schlimmsten ist tatsächlich das schlechte Gewissen und der innere Leistungsdruck. Zwar habe ich nichts übrig für eine Angestellten-Mentalität, bei der man nur Dienst nach Vorschrift macht, und um fünf vor vier den frisch gespitzten Bleistift fallen lässt, aber gut ein Drittel meines Stresses ist in der Tat selbstgemacht. Mein nominell-direkter Chef zumindest macht mir keinen Druck (eher umgekehrt). Mag ein Berufsanfänger-Fehler sein - vielleicht kann man ja da zukünftig etwas gegenbalancieren. Wenn es zum Burn-Out kommen sollte, will ich ihn zumindest nicht selbstverschuldet haben. Sich selber (und die eigene Arbeit) weniger wichtig nehmen - ein Akt von Demut und Bescheidenheit. Hart zu erlernen, auf Dauer sicherlich gesünder für alle.
(leider immer wieder neu, jedesmal, wenn es mir gesagt wird. Hier zumindest amüsant formuliert und ohne Vorwurf, da die Autoren offenbar selbst betroffen sind.)
5. ) Teil IV - Abhilfe. Besonders "Wir müssen nur wollen: Motivation diesseits des Lustprinzips", S. 193-199, und "Aufschubumkehr: Die belebende Kraft der Deadline", S. 236-247
Zwischendeadlines sind gut. Sind für die Diss auch schon eingeführt. Gleichzeitig bricht mir bei Nicht-Einhaltung der aktuellen Deadline (Dezember 08 bzw März 09) auch kein Zacken aus der Krone, die Welt geht nicht unter, und vor allem, bedingt durch den grundsätzlichen Fleiss, mit dem ich eigentlich ganz kontinuierlich an der Arbeit schreibe: es wird nicht besser, wenn ich es übers Knie breche. Der innere Zwang (Zwingli?) nimmt mir den Spaß am Schreiben, den ich eigentlich habe, und verwandelt alles in eine unerträgliche Pflichtübung, eine Fußfessel. Werde also mal versehen, ob ich ohne die selbstangelegte Fessel nicht sogar schneller vorankommen. Möglich wäre es ja. Es spricht einiges dafür.
(fast neu gelernt - die Zwischendeadlines hatte ich mir beispielsweise schon selbst erbeten. Aber die Studien zur geänderten Produktivität in Abhängigkeit von der geforderten Einstellung waren neu, und irgendwie tröstlich.)
http://prokrastination.com/
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Dieser Beitrag ist ganz klar ein Update zu: Fortschritte
Frühstück bei Stefanie: Vorlesetag
vor 53 Minuten
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