Um es gleich vorweg zu nehmen: In dem Film, den ich heute im Kino gesehen haben, spielten Kalifornische Seehasen zwar eine wichtige Rolle, dennoch handelt es sich nicht um die Feature-Version von Baywatch.
Der Kalifornische Seehase ist eine Seeschnecke, die auch unter dem Namen Aplysia californica bekannt ist, und übrigens bis zu ein Kilogramm schwer werden kann - was sie übrigens imho nicht attraktiver macht. Attraktiv war sie aber für Dr. Eric Kandel, der mit ihrer Hilfe viel über das biologische Funktionieren des Gedächtnisses gelernt hat. Und dafür gab's dann im Jahr 2000 auch den Nobelpreis für Medizin.
Ich möchte keine Details vorwegnehmen. Normalerweise gehe ich auch nicht ins Kino, um Dokumentarfilme zu sehen. Aber im kommenden Semester wird Hirnforschung einigermaßen wichtig für mich, und wenn im Kino um die Ecke ein hochgelobter Film über einen der renommiertesten Hirnforscher der Welt ausgestrahlt wird, gibt es eben wenig Ausreden.
Haben sich die 8,- Euro gelohnt? In jedem Fall. Der Film war interessant, stellenweise berührend und immer wieder ansteckend komisch. Die Regisseurin hat Dr. Kandel fast zwei Jahre begleitet, und stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Seine eigene Erinnerung (an die Flucht der jüdischen Familie aus dem nazifizierten Wien von 1939) wird überzeugend als treibende Kraft seiner Forschung (wie manifestiert sich Erinnerung biologisch?) vorgestellt. Dass dabei konventionelle (und auch überflüssige) Bilder (reenactment ist das Stichwort) zur Illustration der Kindheitstraumata dienen, gehört zu den großen Schwächen des Films, mag aber eine Modeerscheinung sein, gegen die sich Frau Seeger möglicherweise nicht stellen konnte oder wollte.
Fakt ist: der Film lebt einzig und allein von Dr. Kandel. Sein ansteckenden lautes Lachen, sein Enthusiasmus für seine Forschung (und seine Familie), vor allem aber das Leuchten in den Augen aller Menschen, die ihn treffen, machen die schleimigen Schnecken und die mit ihnen veranstalteten hochkomplexen Experimente erst interessant. Eine Liebeserklärung an die Forschung, von einem Mann, der die Forschung liebt - nur so kann man Wissenschaft populär machen.
(Am besten die Szene, in der die drei alten Professoren sich bei einem Kaffee treffen, um das nächste Forschungsprojekt auszuhecken. "We sit around a coffee table, like intellectuals who make revolution"-"we are not smart enough for revolutions, so we make science" - und dann schallendes Gelächter...Wissenschaft macht Spaß! und die Very Senior Scholars schlurfen auf unsicheren Beinen aber geistig höchst fit zurück auf die Straße. )
Das Buch zum Film:
Eric Kandel: Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Goldmann: München 2009, 10,95 Euro, ISBN 978-3442155705
Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalifornischer_Seehase
http://de.wikipedia.org/wiki/Eric_Richard_Kandel
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Nobelpreistr%C3%A4ger_f%C3%BCr_Physiologie_oder_Medizin
http://www.kandel-film.de/
http://www.amazon.de/Auf-Suche-nach-dem-Ged%C3%A4chtnis/dp/3442155703/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1252876942&sr=1-1
Bildquelle:
http://bangbangbarracuda.files.wordpress.com/2009/07/kandel_011.jpg
mit einem, wie ich nun feststelle, ganz ähnlichen Blogbeitrag wie ich ihn hier habe...
Presse:
http://www.film-zeit.de/Film/20812/AUF-DER-SUCHE-NACH-DEM-GED%C3%A4CHTNIS/Presse/
Trailer:
Weitere Filmrezensionen in diesem Blog z. B.: Illuminati. "Symbologie" vs. Kunstgeschichte, oder wozu echte Wissenschaft nutzt
Sonntag, 13. September 2009
Kinotipp: Kalifornische Seehasen und die Erinnerung.
notiert unter
Bücher: Non-Fiction,
Einblicke in den Elfenbeinturm,
Freizeit-Empfehlungen,
youtube
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen