Donnerstag, 25. Dezember 2008

Baskische Weihnachtsbräuche

Über Weihnachten eine Woche nach Spanien, das hat mir viel Neid eingetragen. Was die Neider nicht bedacht, und ich nicht ordentlich erklärt hatte: Technisch ist San Sebastian ja gar nicht Spanien. Sondern Baskenland. Und die Lage am Atlantik, statt dem stets automatisch assozierten Mittelmeer, führt nun auch nicht gerade zu Gelüsten, sich unentwegt nur am Strand aufzuhalten... zumindest nicht bei mir.

Zwar genieße ich sofort und ohne Reue auch im Winter lange Spaziergänge am Meer, betrachte die Wellen und freunde mich mit Möwen an - nicht ohne mit selbst mich ermüdender Vorhersagbarkeit Morgensterns "Möwenlied" zu zitieren. Anders als die meisten Einheimischen (inklusive diverser zugezogener Wirtschaftsflüchtlinge aus meiner näheren Verwandtschaft) zähle ich aber nicht automatisch die Perioden, berechne Ebbe oder Flut oder den Abstand zwischen Wellenkamm und Wellental. Noch weniger schmeiße ich mich bei knapp 3°C in einen Neopren-Anzug, klemme mir ein Long- oder sonstiges Board unter den Arm, und trabe die knapp 100 m hinunter zur Concha, dem kleineren der beiden Badestrände in SanSeb, um eine Runde zu surfen... Aber da war ich wohl die Einzige.

Für mich war es viel spannender, und zugleich genauso pittoresk, mir die Parade anzuschauen, mit der der Olentzero, samt Schafherde, "Ochsenkarren" (es gab Ochsen, aber das Ding war motorisiert) und mit Geschenken bepackten Eseln* durch die Stadt zog.



Der Höhepunkt des Ganzen bestand darin, ähnlich wie Macy's Santa Claus in New York, dass der Olentzero auf einer Bühne saß und vom Fernsehen live verfolgt die Wunschzettel der baskischen Kinder entgegen nahm.

Das Tragen baskischer Tracht war dabei offenbar nicht unbedingt Pflicht, aber das hat weder Alt noch Jung gestört - mystische Bräuche, Geschenke UND Verkleiden: Das sind drei Dinge auf einmal! Und natürlich geht das! Und Spaß hat es gemacht. Ist es nicht schön, dass man mitten in Europa noch so viel Exotik erleben kann?
Danke nochmals, liebe Auswanderer!



*Die tanzenden Weihnachtsbäume werde ich verschweigen.


http://de.wikipedia.org/wiki/Baskenland
http://en.wikipedia.org/wiki/Olentzero
http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Morgenstern
http://www.gedichte.vu/?moewenlied.html
http://www.macysbelieve.com/

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hahahhaa!! Sehr gut!
Der kleinere der beiden Stränden,der wo gesurft wird ,heisst übrigens "Playa de la Zurriola" oder "La Zurriola". Die Concha ist der andere grosse Strand in Muschelform (Concha=Muschel).
Liebe Grüße
Philipp

Bleistifterin hat gesagt…

Oha. Danke für den Hinweis - wieder was gelernt...